Schnabelabschneiderei

■ Prokrustes-Qualen für Flugenten in der Intensiv-Mast

Von einem generellen Verbot der Flugentenmast aus Gründen des Tierschutzes kann nach Auffassung des Geflügelwirtschaftsverbandes Weser-Ems derzeit keine Rede sein. Der vom niedersächsischen Landwirtschaftsminister herausgegebene „Schnäbel-Erlaß“ enthalte lediglich Auflagen für eine tierschutzgerechte Intensivhaltung.

Der Geschäftsführer des in Oldenburg ansässigen Verbandes, Karl Behrens, sagte am Mittwoch, die niedersächsischen Flugentenmäster seien durch den Erlaß nicht unmittelbar in ihrer Existenz gefährdet. Er räumte ein, daß die zur Zeit praktizierte Methode des Schnabel- und Zehenschneidens „nicht optimal“ sei. Der Grund dafür sei nicht Rücksichtslosigkeit der Mäster. Es fehlten wissenschaftlich abgesicherte Methoden des tierschutzgerechten Beschneidens.

Eine Mästung von Flugenten in größeren Beständen sei wirtschaftlich nicht möglich, ohne Zehen und Schnäbel zu amputieren, erläuterte Behrens. Auch bei einer Halbierung der Zahl der Tiere, die auf einem Quadratme

ter gehalten werden, trete der gleiche Effekt auf. Vor allem Erpel hackten mit ihren kräftigen Schnäbeln aufeinander ein und verletzten sich dabei. Die Hackverletzungen verminderten die Fleischqualität und damit die Absatzchancen. Eine völlig schmerzfreie Methode für die Beschneidung der „Kampfwerkzeuge“ sei noch nicht gefunden.

Bei den Flugenten, die in grösserer Zahl erst nach den Zusammenbruch des Ostmarktes seit dem Tschernobyl-Unglück auch in der Bundesrepublik gemästet würden, suche man noch nach optimalem Zeitpunkt, Schnittform und Schnittiefe. Das Institut für Kleintierzucht in Celle probiert aber schon eifrig.

In dem vor rund einer Woche herausgegeben Ministererlaß heißt es unter anderem, die derzeit praktizierte Art der „Amputation“ sei „generell unzulässig“. „Gespreizte“ Tiere das sind Flugenten, deren Beine das angefütterte Rumpfgewicht nicht mehr aushalten - müßten in einer besonderen Krankenabteilung untergebracht werden. Die derzeitigen Haltungsmethoden für

Flugenten könnten nicht mehr geduldet werden, heißt es in einem Schreiben des Ministeriums. Hintergrund des Erlasses sind amtliche Berichte aus der Praxis der Flugentenmast. Es träten „immer wieder erhebliche tierschutzwidrige Zustände durch rücksichtslose Verstümmelung“ auf. Als Mißstand registrierten amtliche Beobachter, daß auch „ungeeignete Personen“ wie Jugendliche und Kinder Schnäbel und Zehen der Enten beschneiden. Die Schneidwerkzeuge seien teilweise ungeeignet. Das Horn des Oberschnabels werde nicht nur abgetrennt. Der Schnabelrest werde gelegentlich zusammengequetscht, zersplittere und zerspleiße. In einigen Betrieben werde den Enten ein viel zu großes Stück des Oberschnabels abgeschnitten. Dabei werde das Schnabelbein, das mit dem Oberkieferknochen des Menschen vergleichbar sei, ohne Betäubung entfernt. Damit werde den Enten ein erheblicher, länger andauernder Schmerz zugefügt. Das sei eine Straftat, erinnert der amtliche Veterinärbericht.

Manfred Protze (dpa