: USA starten neue Fernostpolitik
■ Revision der Kambodschapolitik bedeutet auch Überdenken der prochinesischen Linie
Aus Washington Rolf Paasch
Fünfzehn Jahre nach dem Ende des traumatischen Vietnamkrieges hat die Bush-Administration nun damit begonnen, ihre grundsätzlich pro-chinesische Politik in Fernost neu zu überdenken. Die Ankündigung von US -Außenminister Baker am Dienstag in Paris, der kambodschanischen Widerstandskoalition unter Prinz Sihanouk die Unterstützung zu entziehen, eröffnet den USA den Weg für eine Annährung der von Vietnam unterstützten Regierung Hun Sen in Phnom Penh. Die USA werden nach dieser Revision ihrer Kambodscha-Politik darauf drängen, der die Roten Khmer einschließenden Widerstandskoalition ihren Sitz in der UNO zu entziehen. Vor direkten Gesprächen mit der kommunistischen Regierung in Phnom Penh oder gar ihrer Anerkennung schreckt die Bush-Administration jedoch weiterhin zurück.
Nach der Invasion vietnamesischer Truppen in Kambodscha 1979 hatten die USA mit ihrer Unterstützung der Widerstandskoalition unter Prinz Sihanouk reagiert, der neben den beiden nicht-kommunistischen Fraktionen Sihanouks und des ehemaligen Premiers Son Sann auch die nach vier Jahren Schreckensherrschaft von Vietnam vertriebenen Roten Khmer angehören. Während die USA den offiziellen Teil der sogenannten „nicht-tödlichen“ Hilfe über die ASEAN-Staaten abwickelten, sorgten CIA-Agenten in Zusammenarbeit mit Teilen des thailändischen Militärs für US-Waffenlieferungen an das gemeinsame Militärkommando der Widerstandskoalition. Damit halfen die USA den Massenmördern der Roten Khmer, die ihre militärische Dominanz der Widerstandskoalition vor allem chinesischen Waffenlieferungen verdanken.
Nach Nixons „Ping Pong-Diplomatie“ und Kissingers fernöstlicher „Realpolitik“ der 70er Jahre, so schrieb der US-Journalist Peter Grier im April diesen Jahres, „ist das Glücklichmachen Chinas zur Obsession amerikanischer Fernostpolitik geworden. Und die Chinesen wollen eben, daß wir die Roten Khmer unterstützen.“ Jetzt fragt derselbe Peter Grier im Monatsmagazin 'Washington Monthly‘: „Warum helfen wir den schlimmsten Mördern seit Hitler?“ und im Mai wagte sich sogar das etablierte TV-Network ABC an eine mutige Dokumentation über den komplizierten Fluß amerikanischer Militärhilfe an die für die Ermordung von zwei Millionen KambodschanerInnen verantwortlichen Roten Khmer. Daraufhin sah sich auch der US-Kongreß zum Handeln gezwungen und übte so Druck auf die Bush-Administration aus. Ende Juni dann schließlich stimmte der Geheimdienstausschuß des Senats für eine Beendigung des geheimen Hilfsprogramms an die beiden nichtkommunistischen Partner der Sihanouk -Koalition.
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