piwik no script img

„Wir bitten um eine Zukunft“

■ Bejat M., seiner Frau und den drei Kindern droht die Abschiebung

„Die heimatlosen Roma werden wie Spielzeug behandelt“, sagt Bejat M. Seine Familie gehört zur Gruppe der etwa 120 Roma, die aus Südjugoslawien gekommen sind und seit zwei bis drei Jahren in Bremerhaven leben. Weil sie nach der Ablehnung ihrer Asylanträge das Leben auf Abruf nicht mehr egekonnten, waren sie im Mai von Bremen über Bonn nach Aachen marschiert, wo sie am Pfingstwochende einen Grenzübergang zu den Niederlanden boykottierten. Bejat M., seine Frau und die drei Kinder im Alter von zwölf, neun und fünf Jahren haben den 44-tägigen „Bettelmarsch“ mitgemacht. Bejat M. fühlt sich vom Bremer Senat verraten. Am Ende des Marsches seien ihnen Hoffnungen gemacht worden und jetzt werde die Polizei geschickt.

Bejat ist Christ. Er gehört zur Adventistengmeinde in Bremerhaven. Der Gemeinde-Pfarrer hatte ihm eine Arbeit in Lüneburg vermittelt. Das Arbeitsamt hat ihm den Arbeitsantritt verboten: er müsse erst fünf Jahre in der Bundesrepublik gelebt haben.

Bejat macht sich vor allem Sorgen um die Kinder. Die 70 Kinder der 25 in Bremerhaven lebenden Roma-Familien besuchen fast alle die Schule. „Die Kinder gehen gern zur Schule. Sie sind in der Schule zum Teil besser als ihre deutschen Mitschüler. Sie kommen mit guten Zeugnissen nach Hause. Was passiert mit ihnen, wenn sie zurück müssen nach Jugoslawien? Wir wollen ihnen eine Zukunft bieten und nicht nur von heute auf morgen leben.“ Bejat versteht nicht, warum das Gebot der Nächstenliebe für die Roma nicht gelten soll. „Egal von welcher Farbe, wir sind als Menschen alle gleich. Deutschland ist nicht nicht nur Deutschland und Frankreich ist nicht nur Frankreich, es ist alles eine Erde.“

Er verlangt nichts besonderes, sagt Bejat, er wünscht sich Arbeit, er möchte seine Familie ernähren können, und er möchte, daß die Kinder zur Schule gehen. Die Roma besitzen jugoslawische Pässe, aber Jugoslawien ist für sie nicht ihre Heimat. Bejat, der sich monatelang öffentlich engagiert hat und auch in Zeitungen namentlich zitiert wurde, befürchtet, bei einer Abschiebung verhaftet zu werden. „Wir sind heimatlose Roma, wir wollenein normales Leben führen.“

An ein normales Leben ist in Bremerhaven nicht mehr zu denken, seitdem der erste Roma abgeschoben wurde. „Die Leute zittern, haben Angst und weinen. Wohin können wir jetzt gehen? Nur in ein Grab oder in den Himmel. Wir sind überall bedroht.“ Er erzählt von seiner Schwester, deren Familie in Stuttgart morgens um drei von sieben Polizisten aus dem Schlaf geholt und zum Flugzeug gefahren wurde. „Warum denn? Sind wir keine Menschen? Wir bitten den Bremer Senat und den Bremerhavener Magistrat um eine Zukunft für uns und unsere Kinder!“

hh

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen