: Golfkrise
■ betr.: Husseins "Geiselnahme"
betr.: Husseins „Geiselnahme„
Kidnapping und Geiselnahme sind verabscheuungswürdige Schweinereien. Mit lebenden Schutzschildern vorneweg angreifend voranzumarschieren, ebenfalls. Mit was für einer „Geiselnahme “ haben wir es in Saddams Fall zu tun?
Eine Menge Analysen von Kriegs- und Friedensforschung haben festgestellt, daß es heute auch mit sogenannten „konventionellen“ Waffen absolut unmöglich ist, noch Unterschiede zu machen zwischen „zivilen“ und „militärischen“ Menschenzielen. Das weiß Saddam Hussein auch - wenn's losgeht, dann trifft's alle, also auch die verbliebenen, festgehaltenen ausländischen Zivilisten. Das ist seine Drohung - nicht die (sonst bei Geiselnahme üblich), den Festgehaltenen eigenhändig etwas anzutun. Er selber hat ja auch nie Unterschiede gemacht und ist mit Giftgas genauso super umgegangen wie die Amerikaner mit Napalm oder mit der Bezahlung von kinderschlachtenden Söldnertruppen in aller Welt.
Er hat sich einfach im von allen, die Krieg für eine „Lösung“ oder einen Weg halten, geteilten Wahnsinn gemütlich eingerichtet: Zum Wesen des Krieges gehörte schon immer, daß die Zivilbevölkerung ein unabdingbares Erpressungspotential darstellte.
Auch bei den alten Rittersleut‘, die noch „ehrlich“ „Mann gegen Mann“ schlachteten, gehörte der Terror gegen Kinder, Bauern, Frauen, eroberte Stadtbevölkerung nun mal integral zum Krieg dazu.
Und die Nazis haben unter anderem auch deshalb den Krieg verloren, weil die zivilisierten demokratischen Westmächte gnadenlos die gesamte Bevölkerung ohne Ansehen der Person (wie auch, bei den Waffen?) bombardierten. Da war die Zivilbevölkerung ebenfalls eine „Geisel“ der Alliierten gegen die Faschisten. Egal, was Politstrategen und Militärs da aus ihren von mörderischen Abstraktionen verseuchten Hirnen in den Medien loslassen mögen - wer Krieg will, will immer das: daß die Zivilbevölkerung zur Geisel wird (oder der einfache Soldat oder Matrose aus dem angegriffenen Schiff). Oder gehen die Herren sich selber schlagen?
Bei der heutigen Durchmischung der Welt (kein national abgegrenztes Gebiet beherbergt mehr national abgrenzbare Populationen) ist die Unterscheidung „Freund“ und „Feind“ auch bei Zivilisten nicht mehr möglich, Hussein soll die Unterscheidung jetzt möglich machen: Die hochwertigen, weißen Angehörigen der Herren dieser Erde soll er rausrücken, damit das minderwertige Gezücht mit seiner Brut endlich mit Bomben und Raketen beschmissen werden kann (ein Baby weißer Hautfarbe ist eine „Geisel“, ein arabisch/irakisches Baby ist selber schuld, daß es dort geboren wurde und kann sich ja bei Hussein beschweren). Wäre ja auch gelacht, wenn ein Wirtschaftssystem, das nur durch die Erschließung immer neuer Märkte (Expansion) funktioniert, nach dem Wegfall des Reich des Bösen im Osten Rüstungsfabriken schließen müßte!
Es schließt lieber Abtreibungszentren! Denn der schon durch Umweltgifte, Arbeitsunfälle, Selbstmorde, Kindesmißhandlung und Straßenverkehr enorm hohe Verschleiß an geborenem weißem Leben wird sich ja schließlich weiterhin erhöhen: In Zukunft soll geborenes Leben auf Wunsch hiesiger Politiker in alle Zweidrittelwelt gesandt werden, um bei den Bimbos, Kanaken und Kameltreibern unseren way of life friedenssichernd mit Feuer und Bombe zu verkünden und „unsere“ Rohstoffquellen zu sichern. Da darf doch kein Weib der weißen Art ungeborenes Leben „vernichten“. Nachschub, Leute!
Wer wollte da noch behaupten, der Memminger Prozeß sei unmodern, ein historischer Atavismus, der Terror hoffnungslos Ewiggestriger gewesen? Noch ist die Gentechnologie nicht so weit, noch brauchen sie unsere Bäuche, Mütter!
Warum es bisher keine große Demo zur Golf-Frage gibt? Dieses moslemische Gesocks, auf das sich da die Raketen richten, ist so wenig nutzbar für Projektionen: die machen nicht brav revolutionär das, was wir im eigenen Lande nicht schaffen, die leiden einfach nur und hoffen auf Allah... Da fühlt manfrau sich ja selber ganz hilflos.
Marlis Cavallaro, Frankfurt am Main (BRD
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen