: Business as usual
■ Bilanzen und Firmenperspektiven garnieren die US Open von Flushing Meadow in New York
PRESS-SCHLAG
Bei den US Open in New York ist Tennis die herrlichste Nebensache der Welt. Was zu Hause vor dem Fernsehgerät wie ein Sportmarathon feinster Art aussieht, ist eigentlich vielmehr eine geschickt inszenierte Täuschung. In erster Linie geht es hier nämlich ums Geschäft, sowohl für die Spieler als auch die Sponsoren und Turnierveranstalter.
Man muß sich das einmal vorstellen: Die Player's Lounge, der Raum also, in dem sich die Spieler zwischen dem Training und den Spielen aufhalten, befindet sich in einem riesigen Gebäude, dessen Charme einige Parallelen zu einer Lagerhalle aufweist. Direkt neben dem Spielerbereich hat man mehrere Räume durch bewegliche Holzgitter kreiert, u.a. auch einen Tagungsraum. Aus unerfindlichen Gründen grenzt gerade dieser an die Player's Lounge.
Seit Turnierbeginn finden nun täglich von 9-12 Uhr in Sicht und Hörweite von Lendl und Co. Konferenzen statt, deren Veranstalter die ulkigsten Firmen sind. Mal ist es eine Werbeagentur, mal eine Aktiengesellschaft. Alle laden sie gut und gerne 100 Mitarbeiter oder Investoren ein, um über firmenbezogene Bilanzen und Perspektiven zu labern. Interessant an dieser Sache ist, daß es sich keineswegs um Sponsoren der US Open handelt, sondern um irgendwelche Unternehmen, die, so scheint es, ihren Kunden mal etwas ganz Besonderes bieten wollen.
Und damit auch wirklich jeder mitkriegt, wer denn da gerade zur außerordentlichen Sitzung geladen hat, benutzen die jeweiligen Redner eine Lautsprecheranlage, um ihr Gelalle von Gewinnen und Verlusten zu verstärken. Zwischendurch spenden die Zuhörer, selbstverständlich tief bewegt, lautstarken Applaus. Wenn sich nun also ein Spieler nebenan auf sein 11.00 Uhr-Spiel in aller Ruhe vorbereiten will, hat er entweder ein großes Problem oder aber eine Packung Ohropax dabei. Im Tenniszirkus zeigt sich halt immer mehr, worauf es eigentlich ankommt - business eben.
Offensichtlich hat sich diese Erkenntnis auch schon bei einigen Tennisprofis herumgesprochen, z.B. bei Christian Saceanu. Der hat nämlich in diesen Tagen von der Spielerorganisation ATP 15.000 Dollar Strafe sowie zehn Wochen Turnierverbot verordnet bekommen, weil er bei dem Turnier in Prag seine Gesinnung überdeutlich zu erkennen gegeben hat. Nach zwei gewonnenen Spielrunden gab er wegen einer angeblichen Verletzung auf, kassierte artig seinen Scheck und trat am nächsten Tag - Wunder, oh Wunder putzmunter und fit bei einem Schaukampf in der Bundesrepublik an. Nun muß er zur Abwechslung mal einen Scheck selber ausstellen, anstatt ihn einzusacken.
Ähnlich wird es wohl auch Thomas Muster ergehen. Ihm hat man gar 20.000 Dollar Bußgeld und zehn Wochen Turniersperre auferlegt, weil auch er etwas unklug gehandelt hat bei jenem Prager Turnier. Muster gab nämlich beim Stande von 0:1 in seinem ersten Match auf, hatte aber vorher unglücklicherweise schon angekündigt, daß er wegen einer Verletzung gar nicht spielen könne. Er sei zur Teilnahme genötigt worden, machte der Österreicher zuerst geltend, inzwischen ist aber diesbezüglich von ihm gar nichts mehr zu erfahren. Anfragen nimmt nur noch sein Agent entgegen. Aber wer traut sich schon, mit einem Agenten zu reden? Vielleicht ist das ja so ein geheimer 007-Mensch, der keinen Spaß versteht.
Ralf Stutzki
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