: Ein paar Promis und viele Nobodies
■ Vier DDRler sollen ins Bundeskabinett / Fraktionen der Volkskammer benennen VertreterInnen für Bundestag
Bonn (ap/dpa) - Das Bundeskabinett soll nach dem 3. Oktober um voraussichtlich vier Minister aus der bisherigen DDR erweitert werden. Das wurde am Mittwoch in Bonner Regierungskreisen bestätigt. Bundeskanzler Kohl wolle für den Rest der Legislaturperiode vor der gesamtdeutschen Bundestagswahl am 2. Dezember drei oder vier DDR-Politiker als Minister ohne Geschäftsbereich ins Kabinett nehmen. Als mögliche neue Bundesminister werden de Maiziere, dessen Parlamentarischer Staatssekretär Krause (beide CDU) sowie der stellvertretende FDP-Vorsitzende Ortleb genannt.
Auch die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD wollen zugunsten der neuen Abgeordneten aus der Volkskammer ihre Führungsspitzen erweitern. Aus der Unionsfraktion verlautete, die 63 neuen Mitglieder aus der bisherigen Ostberliner CDU/DA-Fraktion sollten einen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, fünf Beisitzer im Vorstand sowie einen Parlamentarischen Geschäftsführer stellen. Die SPD -Fraktion will ebenfalls einen der 33 neuen Abgeordneten zum stellvertretenden Vorsitzenden machen.
Mit Ausnahme der PDS haben die DDR-Volkskammerfraktionen auch bereits ihre Abgeordneten bestimmt, die nach dem 3. Oktober in den Bundestag einziehen sollen. Die SPD, die mit 33 GenossInnen in den Bundestag einzieht, stellt nicht weniger als sieben Theologen, darunter den ehemaligen Fraktionsvorsitzenden Richard Schröder, den Parlamentarischen Geschäftsführer Martin Gutzeit, den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ulrich Stockmann, den Schatzmeister Hinrich Kuessner und als Nachrücker Ex -Außenminister Markus Meckel.
Die Oppositionspartei Bündnis 90/Grüne schickt sieben Politiker von der Spree an den Rhein: Matthias Platzeck und Wolfgang Ullmann waren beide in der Übergangsregierung unter Hans Modrow (PDS) Minister ohne Geschäftsbereich. Werner Schulz und Hans-Jochen Tschiche sind durch witzige und engagierte Reden in der Volkskammer aufgefallen. Drei Abgeordnete gehören dem Neuen Forum an: Marianne Birthler geht als Vertreterin der Vor-Wende-Oppositionsgruppe „Initiative Frieden und Menschenrechte“ ins Parlament, und Ullmann vertritt „Demokratie Jetzt“.
Einen finanziellen Vorteil aus den höheren Bezügen, die in Bonn gezahlt werden, wollen die Neuen nicht ziehen. Sie werden die Differenz zwischen ihren alten Bezügen von fast 6.000 Mark und denen eines Bundestagsabgeordneten von etwa 15.000 Mark für soziale Zwecke in der DDR abgeben.
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