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16 Länder oder der Geist der Kleinststaaterei

■ Diskussion um Neuordnung der Länder entbrannt / Hamburger Bundessenator: Zusammenlegung nach Regionen wirtschaftlich und sozial sinnvoll / Länder könnten sich bis 1995 freiwillig einigen / Widerstand vermutlich aus der DDR und den Kleinstaaten

Von Donata Riedel

Hamburg (taz) - „Kleinstaaterei“ befürchtet der Hamburger Bundessenator Horst Gobrecht (SPD). 16 Länder in Gesamtdeutschland, das gefährde letztlich den Föderalismus und bringe Deutschland einem zentralistischen „Reich“ wieder näher. Die fünf neuen Bundesländer der DDR sind kaum gegründet, da stehen sie schon politisch unter Beschuß. „Jede Bundesregierung wird, egal wie die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat sind, sich immer Mehrheiten zusammenkaufen können“, sieht Gobrecht voraus. Und zwar nach der Maxime „Teile und Herrsche“. Dagegen würde der SPD-Politiker lieber sieben wirtschaftlich starke Länder setzen, die gegenüber der Zentralregierung größeres Gewicht hätten. Schon heute könne doch der Ministerpräsident des großen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen in Bonn mehr durchsetzen könne als der Bürgermeister des Stadtstaates Bremen.

Mit dem Einigungsvertrag zwischen BRD und DDR sei jetzt auch die „historische Stunde“ gekommen, die Länder neu zu ordnen. Spätestens 1995 sei das „Jahr der Wahrheit“, so Gobrecht. Dann nämlich werden die DDR-Länder in den Länderfinanzausgleich miteinbezogen und erhalten auch ihren gleichberechtigten Anteil an der Umsatzsteuer. Bis auf Bremen werden dann alle West-Länder kräftig zahlen müssen.

Hätten alle Länder annähernd gleiche Einwohnerzahlen und eine vergleichbare Wirtschaftskraft, wäre das nicht mehr in dem Umfang der Fall. Auch CDU/CSU-Politiker, wie Hessens Ministerpräsident Walter Wallmann und der bayrische Bundes -Staatsminister Waldenfels, haben sich für eine Neugliederung der Länder ausgesprochen. Baden-Württemberg und Hessen zahlen schon jetzt beim Länderfinanzausgleich drauf.

Sieben neue Länder braucht das Land

Gobrecht schlägt daher sieben deutsche Länder vor:

-Bayern (11 Millionen EinwohnerInnen), Baden-Württemberg (9,3 Millionen) und Nordrhein-Westfalen (16,7 Millionen) bleiben bestehen;

-Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland werden zusammengelegt zu Rhein-Main-Saar mit 10,2 Millionen EinwohnerInnen;

-ebenso Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg zum Nordstaat mit 12 Millionen EinwohnerInnen;

-Mecklenburg-Vorpommern und Berlin-Brandenburg werden ein Land;

-ebenso die südöstlichen neuen Bundesländer Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt.

In der neu gegliederten Föderativen Republik Deutschland hätten alle Länder Chancen, im „Europa der Regionen“, wie es der Präsident der Europäischen Kommission, Jacques Delors vorschlägt, eine Rolle zu spielen.

Wirtschaftlich zweckmäßig sind die heutigen Klein-Länder ohnehin nicht. Schon 1972 bemängelte die sogenannte Ernst -Kommission in ihrem Abschlußbericht für den Bundestag, daß die „Landesgrenzen in einigen Fällen die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in hohem Maß beeinträchtigen“. Besonders die Grenzen der Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie die Zerstückelung der Rhein-Achse von Bingen bis Karlsruhe fanden die Gutachter damals wenig sinnvoll: Die Landesgrenzen seien gleichzeitig auch Grenzen für öffentlich -rechtliche und privatrechtliche Institutionen wie Kammern und Wirtschaftsverbände. In der Wirtschaft wird heute ohnehin nicht mehr national und lokal, sondern international und regional gedacht. ManagerInnen von internationalen Konzernen können es daher kaum verstehen, daß sie, so sie sich irgendwo im Raum Hamburg ansiedeln wollen, mit gleich drei konkurrierenden Länderverwaltungen (Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein) verhandeln müssen.

Auch in der Verkehrsplanung und bei der Müllbeseitigung, um nur zwei Beispiele zu nennen, könnte in Ländern, die wirklich eine ganze Region abdecken, ökologisch und ökonomisch sinnvoller gehandelt werden.

Nach dem Einigungsvertrag haben die Länder die Möglichkeit, sich bis 1995 freiwillig über neue Grenzen zu verständigen, andernfalls soll sich bis 1999 die gesamtdeutsche Zentralregierung daran versuchen. Für Horst Gobrecht ist jetzt schon absehbar, daß die Länder nicht weiterkommen werden: Die Ostländer werden argumentieren, daß sie sich doch gerade erst gegründet haben. Und in den Westländern sei die stärkere Zusammenarbeit zwischen kleineren Ländern immer dann an Landesegoismen gescheitert, wenn's ernst wurde. Besonders die „classa politica“ (Gobrecht) hänge an den bestehenden Strukturen. Etliche Funktionsärsposten würden bei einer Länder-Zusammenlegung wegfallen.

In den Stadtstaaten befürchten PolitikerInnen quer durch alle Parteien, daß ihnen mit den Landesgrenzen automatisch jede Entscheidungskompetenz genommen würde. Der größte Widerstand schon gegen die Diskussion über eine mögliche Länderneugliederung kommt derzeit auch aus dem kleinsten und ärmsten Bundesland - aus Bremen.

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