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Treffen der Erzfeinde in Teheran

■ Irak will Hilfe von Teheran / Bagdad: Neue Ära der „Beziehungen der regionalen Supermächte“

Bagdad/Teheran (adn/ap/afp) Parallel zum Treffen in Helsinki ist der irakische Außenminister Tarik Aziz gestern in Teheran mit seinem Amtskollegen Ali Akbar Velajati zusammengetroffen. Dieser erste Besuch eines irakischen Regierungsmitglieds in Iran nach dem achtjährigen Krieg zwischen beiden Ländern erfolgte auf Wunsch Bagdads, das seine politische Isolierung zu durchbrechen sucht. Irak hatte am 17. August dem Nachbarland die Erfüllung aller Forderungen für eine Friedensregelung zugestanden und seine Truppen von den seit dem Waffenstillstand im August 1988 noch besetzten iranischen Territorien zurückgezogen. Zugleich begann man mit dem Austausch von Kriegsgefangenen und erkannte an, daß im Schatt al Arab die Grenze in der Flußmitte verläuft.

Der Besuch von Aziz soll möglicherweise auch ein Treffen zwischen den Präsidenten von Irak und Iran, Saddam Hussein und Haschemi Rafsandschani, vorbereiten. Aus diplomatischen Kreisen in Bagdad verlautete, die Gespräche würden „eine neue Ära der bilateralen und regionalen Kooperation zwischen den beiden regionalen Supermächten“ eröffnen. Zugleich wurde aber von Teheraner Seite der Einmarsch in Kuwait kritisiert und der Rückzug der Irakis gefordert (siehe auch Seite 8).

Die Finanzminister der EG haben sich bei ihrer Rom-Tagung darauf geeinigt, die von den Folgen des UNO-Embargos gegen Irak besonders betroffenen Länder Jordanien, Ägypten und Türkei zu unterstützen. Über die Höhe der Finanzhilfe sollen die Außenminister der Gemeinschaft am 17.September in Brüssel entscheiden. Eine wie von den USA geforderte Beteiligung an den militärischen Lasten der Operation lehnte die EG ab. Generell fordert die EG eine verstärkte Durchsetzung des Embargos gegen Irak auch auf dem Luftweg.

Frankreich verstärkte am Sonntag seine militärische Präsenz am Golf mit Hubschraubern. Insgesamt sind 9.000 französische Soldaten und 14 Kriegsschiffe in der Region. Verteidigungsminister Jean-Pierre Chevenement hatte, wie zuvor US-Außenminister James Baker, in Alexandria mit Ägyptens Staatsoberhaupt Hosni Mubarak die Lage in der Krisenregion erörtert. Die USA, die unterdessen mehr als 100.000 SoldatInnen in der Region stationiert haben, lobten dabei die „mutige Haltung“ der ägyptischen Regierung. Mubarak kündigte denn auch die Entsendung weiterer Truppen nach Saudi-Arabien an, nannte aber keinen Termin.

In den letzten beiden Tagen haben etwa 14.000 AusländerInnen das Krisengebiet per Flugzeug verlassen, auch wenn es teilweise Verzögerungen gab. Am schlechtesten geht es immer noch den 150.000 asiatischen Flüchtlingen, die an der jordanisch-irakischen Grenze auf ihre Rückführung warten. Noch 300.000 AsiatInnen halten sich in Kuwait und Irak auf; rund 10.000 fliehen täglich über die Grenzen. In den Lagern herrschen laut Bericht einer EG-Delegation „schreckliche“ Zustände; erste Fälle von Cholera werden gemeldet. Indien hat mit dem Aufbau einer Luftbrücke begonnen. Hilfsorganisationen kritisieren, daß Hilfe nur schleppend die Lager erreiche.

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