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 ■ Total Music Meeting im Quartier

Jedes große Festival braucht sein kleines Gegenfestival als Pendant. Das Jazz Fest ohne paralleles Total Music Meeting wäre wie Dick ohne Doof — langweilig.

Während in der Philharmonie die 1.000te Big Band vor laufenden Fernsehkameras und Sektschlürfern aufspielt, tummeln sich die freien Improvisateure im Quartier. Hier sind Gagen und Eintrittspreise (18DM) realtiv niedrig, und bis zur Luxussanierung im Tornadostil gab es dort sogar billiges Bier.

Das Programm des Total Music Meeting liest sich, einer soliden Tradition folgend, ganz im Geiste der veranstaltenden Free Music Production (FMP). Man ist auch in diesem Jahr bemüht, »Arbeitsprozesse« der beteiligten Musiker im Zusammenspiel zu dokumentieren. Dieses Unternehmen verfolgt die FMP mit an Pedanterie grenzender mathematischer Konsequenz: An jedem Abend präsentiert man vier Konzerte, einem Solisten folgt ein Trio (Ausnahme Samstag), dann spielen zwei »feste« Bands, bis auf das achtköpfige Unternehmen von Butch Morris auch alles Trios. Es gibt fünf Solisten, fünf Trios und das besagte Oktett X-Communication. Diese spielen in einem undurchschaubaren Rotationssystem (hinter dem sicherlich eine mathematische Formel steckt), an fünf Tagen (noch bis Sonntag). Zusätzlich verkompliziert sich die Rechnung (wer mit wem wie oft) in diesem Jahr durch ein Extra-Ost-Konzert im Haus der jungen Talente am Montag, bei dem sechs Bands mitwirken, drei vom TMM (zum »Einheitspreis« von 10DM).

Beim TMM Musiker besonders hervorzuheben, ist eigentlich unsinnig, eines der Highlights dürfte aber das Bläsertrio New Winds um den Altsaxophonisten Ned Rothenberg aus New York sein (Samstag und Montag), der schon mit Elliot Sharp in Berlin gastierte. Außerdem unbedingt empfehlenswert das Trio De Clarinettes aus Frankreich mit Louis Sclavis, der vor einigen Jahren einen viel zu wenig beachteten, grandiosen Auftritt im Flöz hatte (Freitag, Sonntag und Montag). Für eine Überraschung gut sein dürften auch Schlippenbach/Murray & Dudek, mit Alexander von Schlippenbach am Flügel (Freitag). Schlippenbach ist offenbar der einzige, der bei Dick und bei Doof auftreten darf: er präsentiert sein Berlin Contemporary Jazz Orchestra am Sonntag in der Philharmonie.

Während die Konzerte in der Philharmonie bis auf Samstag alle so gut wie ausverkauft sind, gibt es im Delphi und beim Total Music Meeting im Quartier normalerweise immer noch Karten an der Abendkasse. Andreas Becker

Termine an den jeweiligen Tagen in den Musik-Rubriken

Andreas Becker

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