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Dem Deutschen Dom droht Baustopp

■ Für die Fortführung der Restaurierungsarbeiten wird ein kapitalkräftiger Bauherr gesucht/ Kulturpolitikerinnen Martiny und Rusta vor Ort/ Berlin allein hat die fehlenden Millionen nicht

Mitte. Droht den Restaurierungsarbeiten am Deutschen Dom der Baustopp? Ein Ortstermin mit Kultursenatorin Anke Martiny und Kulturstadträtin Irana Rusta (beide SPD) entwickelte sich zum informativen Rundgang, an dessen Ende beide Politikerinnen die Probleme als spannende Zukunftsaufgaben erkannt hatten. An Lösungsvorschlägen, die man eigentlich von ihnen erwartet hätte, dürfen sich nun alle beteiligen.

Der Dom, Kriegsruine bis zum Beginn der achtziger Jahre, wird seit 1986 zu einem komplizierten Ausstellungsgebäude umgebaut. Bisheriger Bauherr ist das Zentrum für Kunstausstellungen — eine staatliche Institution der ehemaligen DDR, die vom Kulturministerium bis zum Jahresende aufgelöst wird. Geplant waren 2600 Quadratmeter Ausstellungsfläche, die als Forum für die Aufarbeitung der Nachkriegsmoderne dienen sollten. Doch mit der Abschaffung des Bauherrn ist auch die weitere Finanzierung offen.

Die Stadt, Eigentümerin der Baustelle, kann die noch fehlenden Millionen (mindestens noch 25) allein nicht aufbringen; Bund und Länder sind als mögliche Geldgeber anvisiert, aber noch nicht konkret aufgefordert worden. Zu befürchten ist, daß sich kein freiwilliger Träger dieses nicht allein im Bau, sondern auch in der Unterhaltung sehr aufwendigen und problematischen Projektes annehmen will. Das Institut für Auslandsbeziehungen jedenfalls, dem vom Auswärtigen Amt Immobilien und Sammlungen des Zentrums für Kunstausstellungen übergeben worden sind, wies die Betreuung des Objektes von sich. Überlegt und als freischwebende Seifenblase Investoren und Spekulanten überlassen, wurde von Martiny und Rusta auch die Idee, eine Ausstellungs- und Veranstaltungs-GmbH zu gründen, die den Dom und weitere Problemkinder zu übernehmen hätte.

Der laufende Umbau beruht auf einem Konzept, das zwischen dem Bedarf an Ausstellungsfläche und dem Erhalt eines Baudenkmals eine ambivalente Lösung gefunden hat. Die baulichen Kompromisse zwischen dem Erhalt der Fassade, der Sicherung der Tragfähigkeit der Wände durch ein inneres Betonskelett und der Einrichtung einer nach Quadratmetern großen Ausstellungsfläche haben zum Einziehen von Zwischengeschossen, die Fenster und Nischen abschneiden, und zur künstlichen Begradigung der fast überall geschwungenen Wände geführt. Die historische Ansicht außen und das innere funktionale Gerüst zerfallen somit in zwei fremde Welten. Am Ort zukünftiger Probleme bestätigte sich auch für Martiny der Verdacht, daß das Konzept wechselnder Großausstellungen zeitgenössischer Kunst, das das Zentrum dem Dom als Erbschaft mitgegeben hat, dort nur eingeschränkt auszuführen ist und einer Überarbeitung bedarf. Es mangelt zwar nicht an Erlebnisraum, wohl aber an Hängeflächen. Das verwinkelte Gebäude lädt zu experimentellen Kunststücken, kaum aber zu repräsentativen Großveranstaltungen ein. Kunst, die auf diesen Ort nicht vorbereitet ist, droht in dieser beredten Architektur unterzugehen. Katrin Bettina Müller

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