: Sonderzug aus Pankow
■ DDR-Ex-Staatswaggons in Bremen: Wochenendhäuschen, jetzt für Touristen
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Eisenbahnwaggon
Etwas luxuriöser hatte ich ihn mir eigentlich schon vorgestellt, den „Sonderzug aus Pankow“. Gestern stand er zwischen 11.00 und 16.00 Uhr auf Gleis eins am Bremer Hauptbahnhof. Das „Hotel auf Rädern“, in den 70ern und 80ern ausschließlich Partei- und Staatsführung vorbehalten, ist zwar gepflegt, macht aber insge
samt einen eher kargen Eindruck. In Zukunft soll es über die neugegründete Firma „Bahntours“ vor allem Reisegruppen zur Verfügung gestellt werden, erklärt Manfred Weghenkel von Bahntours beim Rundgang.
Schon im Januar hatte die DDR-Regierung grünes Licht für den touristischen Einsatz gegeben. Seitdem wurden unter anderem Wien, Brest, Hamburg, Mainz, Lübeck, Heringsdorf, Stralsund, Wernigerode und Dresden angesteuert.
Wir schieben uns durch nußbaumfurnierte Gänge. Die Ein- bzw. Zweiplatzabteile sind alle mit Polstermöbeln im Stil der 60er Jahre ausgestattet. Klappt man die Klappe des Schreibtischs hoch, kommt ein Waschbecken zum Vorschein, beim Öffnen des Kleiderschrankes der unentbehrliche Panzerschrank.
Ob der Zug rundherum mit Panzerplatten abgesichert ist? Weghenkel lächelt. So eine Frage hatte er natürlich erwartet. Aber da muß er uns enttäuschen, die ehemaligen DDR-Staatsspitzen „sind ungepanzert gefahren“. Endlich stehen wir vor der sogenannten „Honecker-Suite“. Auch sie alles andere als pompös. Gelbe Synthetik-Auslegware, Sessel und Polster in Grau. Auf dem Schreibtisch steht noch das Orginalradio aus den 60ern und die strenge Tischleselampe mit beigefarbenem Schirm. Ob Honni hier seine langweiligen Sonntagsreden entwarf? Gleich daneben ein abgetrenntes WC mit zwei Waschbecken. „Ganz gemütlich“, meint eine der Rundgeführten. „Hier würde ich auch gern mal reisen.“
Beim Schlendern durch Konferenzräume, Speisesäale und Küchenwagen erfahren wir nebenbei die stolzen heutigen Mietpreise. Eine Hochzeitsgesellschaft, die in dem Zug mit sieben Wagen feiern will, muß für zwei Tage immerhin 40.000 Mark lockermachen, und das ohne Mahlzeiten. Der Gesamteindruck? „Ein Zug“, hat eine Besucherin ins Gästebuch geschrieben, „der ein bißchen nach Geschichte riecht.“ bz
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