piwik no script img

Schulterklopfen beim Bausenator

■ Nagel zieht Bilanz seines Ressorts vor der Wahl: Über 13.000 Wohnungen gebilligt, davon 2.000 im sozialen Wohnungsbau/ Mieten-Initiative liegt in Bonn/ Harte Kritik von CDU und AL

Berlin. Geschmückt mit einer schwarz-rot-gestreiften Krawatte — zu Beginn seiner Amtszeit war es noch eine rot-grün gepunktete gewesen — zog Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) die obligatorische Bilanz seines Ressorts vor der Wahl. »Bauen muß wieder mehr gesellschaftliche Anerkennung finden«, sagte er gestern. Der Senat habe 1989 7.899 Wohnungen bewilligt, 1990 waren es bisher 5.136 Wohnungen, davon 2.000 im sozialen Wohnungsbau. Deren Kostenmiete beträgt inzwischen bis zu 29 DM pro Quadratmeter, mit Ausreißern nach oben. Weiter wurden jährlich über 2.000 Dachgeschosse bewilligt, mit Mieten von »13, 14 DM aufwärts«, wie Nagel sagte, die aber angesichts der »Wohnungsnot auf allen Teilmärkten« vermietbar seien. Immerhin habe man allein 1989 56.000 Übersiedler in West-Berlin untergebracht. Im Ostteil der Stadt seien derzeit 10.000 Wohnungen im Bau. Zwar habe es dort wegen finanzieller Unklarheiten einen Baustopp gegeben, aber dies sei nun vorbei. In der nächsten — fünfjährigen — Legislaturperiode könne man sicher 75.000 Wohnungen in Berlin bauen, sagte Nagel, — »egal wer regiert«.

Weiter erklärte er, die Gelder für die Altbausanierung seien aufgestockt worden. Mieterhöhungen bei älteren Sozialwohnungen wurden bei acht DM pro Quadratmeter gekappt. Die staatliche Wohnungsaufsicht und der Schutz vor Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen seien verbessert worden. Eine Gesetzesinitiative für eine »neue Form der Mietpreisbindung«, wie Nagel sagte, wurde gestartet. Die CDU-FDP-Mehrheit im Bundestag hat dem jedoch noch nicht zugestimmt. Jetzt sei man dabei, sich mit den neuen Bundesländern darüber abzustimmen. »Die Achse Berlin — Sachsen funktioniert schon«, sagte Nagel.

Ansonsten habe man einige größere Dienstleistungszentren vorbereitet, etwa die Überbauung des Halenseegrabens und die des zentralen Busbahnhofs am Messedamm, das Welthandelszentrum am Klingelhöferdreieck, die Ansiedlung von Mercedes Benz am Potsdamer Platz und das kürzlich vorgestellte Projekt »Wasserstadt Berlin« an der Oberhavel (taz berichtete). Demnächst werde auch das langgeplante Hochhaus am Kantdreieck in Bau gehen. In der Verkehrspolitik erwartet Nagel, daß der Autobahnstadtring »über kurz oder lang« kommt. Der Startschuß für den Ausbau des S-Bahn- Südrings wurde Ende 1989 gegeben.

Nicht überzeugen konnte Nagel seinen Noch-Koalitionspartner AL. Der Bausenator habe sich bisher mit grandiosen Straßenbauprojekten bis hin zur Schnellstraße durchs Brandenburger Tor zu Wort gemeldet, auf der Eisenbahnschiene habe er sich als Prellbock erwiesen, sagt Michael Cramer. Der Bausenator im Schattenkabinett der CDU, Wolfgang Branoner, erklärte, Nagel habe zwar großspurige Ankündigungen gemacht, jedoch sei nicht einmal eines der altbekannte Projekte realisiert worden. In den Jahren 1989 und 1990 seien von den 7.500 bewilligten Sozialwohnungen nur 502 bezugsfertig geworden. esch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen