Befreiung der Tuben

■ Das European Tuba Quartet bei DACAPO: Furios!

“Es gibt viele verschiedene Tuben“, bemerkte Melvyn Poore, als er die Musiker und ihre Instrumente vorstellte (Larry Fishkind: c-Tuba, Jay Rozen: f-Tuba, Pinguin Moschner: f-Tuba, Melvyn Poore: es-Tuba).

Damit mag er recht haben, aber es gibt sicher nur wenige, die so virtuos und frei gespielt werden, wie die des European Tuba Quartets. Zwar ist auch die Tuba ähnlich wie der Baß inzwischen von ihrer ursprünglich reinen Begleitfunktion emanzipiert, zu verweisen wäre auf Howard Johnson oder Bob Stewart, aber was die Tubisten des E.T.Q. mit ihren Instrumenten veranstalten, hat schon eine eigene Qualität. Darüberhinaus zeigten die Vier nicht nur im Musikalischen Sinn für Humor. Sie starteten einen marxbrotherischen Angriff auf die behäbige Begleitfunktion der Tuba, voll anarchischen Witzes und einnehmender Spielfreude.

So stellten sie zu Beginn ihres Auftritts in den verhältnismäßig gut besuchten Weserterrassen die kleine Bühne mit den zumeist recht lädierten Grünpflanzen aus dem Nachbarraum voll. Ihre schwergewichtigen Instrumente zunächst ignorierend, alberten sie ein wenig rum und widmeten sich einer vielseitigen Sammlung von Spielzeuginstrumenten, warfen einander Pullover in die Schalltrichter und ähnlich Hoffnung-svolles.

In diesem Hin und Her klang plötzlich eine melodische Floskel auf, kurz setzte ein Begleitrhythmus ein, doch nach zwei, drei Takten verwischten sich die Konturen, die Instrumente strebten wieder auseinander. Wie ein Fischschwarm wandten sich Töne und Klänge abrupt hierhin oder dorthin, zogen sich auseinander oder rückten eng zusammen, bildeten die unterschiedlichsten Formen.

Das alles keineswegs nur in Baßlagen. Aus der wogenden Klangdecke erhoben sich schwirrende Obertöne, bellende Hornfanfaren, untergründige Streicherklänge, meditatives OM- Gegrummel oder kurze Lokomotivimpressionen, kurz, Laute, Klänge, Geräusche über das gesamte Register von Tönen.

Erstaunliche Effekte erzielten Moschner, der seiner Tuba zeitweise einen zweiten Schalltrichter aufsetzte, und Rozen mit dem Einsatz von Saxophonmundstücken: schnarrend-schräge Baßrhythmen.

Immer wieder schälten sich aus diesem Klangchaos Momente von beeindruckender Dichte und Intensität heraus. Das European Tuba Quartet gab ein fulminantes Beispiel von Improvisation und Virtuosität, für das sich die ZuhörerInnen mit emphatischem Beifall bedankten. Arnaud