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Romeos

■ Etwas Seeräuberklabauterzechgesinge

Die Romeos sind für dieses Jahr die Hoffnung derer gewesen, die sich durch das vergangene Jahrzehnt erfolgreich hindurchgehofft haben, immer im Glauben an die eine deutsche Band, die den Anschluß an die internationale Popwelt erlangen könne. Die erst Fanzines, dann Jugendzeitschriften vollgeschrieben haben, später Plattenverträge in Aktenkoffern mit sich herumschleppten und am Ende im Alter von 30 Jahren in die Chefetage von CBS einzogen, weil sie die eine Hoffnung gefunden hatten. Eine wie die Rainbirds eben.

Dabei ist vor Ort mit der größten Konkurrenz in Form der vielgelobten Poems for Layla zu rechnen, die, nun endlich vom Energieträger Major-Label gestärkt, auf dem Gebiet zwischen Stimmungen der Art eines »Wir gehen noch lange nicht nach Hause« und »Gib mir wenigstens noch ein Eckchen von der Bettdecke ab« das hierzulande ständig vielzähliger und breitgefächerter erscheinende Publikum mit wilder Schmachtgebärde von den Sitzbänken zu reißen versteht.

Irgendwie haben in diesen Konstellationsträumen immer eine hübsche Melodie, ein ungestümer Rhythmus und eine rauh(aberherzlich)e Gitarre beiandergelegen. Um sich all derer, die dies stimmungspunk-, country-, soulfolk- oder sixtiesmäßig umzusetzen verstanden, zu erinnern, wäre ein kleines Lexikon (in der Größe eines Danone- Joghurt zum Beispiel) vonnöten.

Die Romeos fassen die ganze Bandbreite allerdings noch einmal so zusammen, daß jede noch so hohe Woge zwischen Clash und Deacon Blue sich in ihrer Musik niederschlägt. Etwas Seeräuberklabauterzechgesinge im Stil der alten Friesen rückt sie eng an die Pogues heran, doch bevor der Schweiß zu sehr zu stinken anfängt, verhüllen sie sich mit einem zartfühlig gewobenen Kokon aus sehnsüchtig vorgetragenem Bluegrass-Pop, treiben ihn bis an die Spitze jugendlicher Poesie.

Sie sind schließlich mit Violent Femmes groß geworden, haben Dylan gehört und leben auch sonst mit vielen Zitaten aus dem Fundus der amerikanischen Mythen von der Zeit »on the road«.

Und dennoch will ihnen der abgestandene Staub an den Stiefeln nicht gefallen, sonst würden sie sich nicht ständig wieder aufmachen, ihn abzuschütteln und mit britannisch geprägten Gitarrenläufen und frischem Wind fröhlichen Frühachtziger-Punks die Segel gen Kontinent zu hissen.

Heute im K.O.B. gestrandet, werden sie auf das Mitgewippe der ersten kleinen Fangemeinden auch in der Hauptstadt der Bauern und Vegetarier hoffen können dürfen müssen. Harald Fricke

Um 22 Uhr im K.O.B.

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