Altlastenbeseitigung in Leipzig

■ Erneut obskure Verträge zwischen Alt-Messechef Fischer und Westunternehmen aufgetaucht

Leipzig/Bremen (ap/taz/adn) — Der Skandal um den früheren Generaldirektor der Leipziger Messegesellschaft, Siegfried Fischer, hat sich ausgeweitet. Wie der neue Messechef Kurt Schoop mitteilte, sind inzwischen zwei weitere Verträge aufgetaucht, die Fischer eigenmächtig abgeschlossen hat.

Die Verträge mit der Bremer KPS Messe- und Ausstellungs GmbH beinhalten die Durchführung der „Auto Leipzig“ bis zum Jahre 1994 sowie die Gründung einer Tochtergesellschaft, die für alle Veranstaltungen der Branchen Handel, Dienstleistungen, Gastronomie und Auto zuständig sein soll. An dieser Messe-Consulting Leipzig GmbH (MCL) halte KPS 75 Prozent des Stammkapitals, die Leipziger Messegesellschaft den Rest.

Fast zeitgleich mit seiner fristlosen Entlassung Mitte November habe Fischer darüber hinaus zwei Ergänzungsverträge im Alleingang geschlossen, die in wesentlichen Bereichen jeglichen konzeptionellen Spielraum der Leipziger Messe beschnitten. So dürften Ausstellungen zum Thema Auto und Kfz-Zubehör mit Konkurrenzausschluß nur von KPS oder ihrer Tochter MCL veranstaltet werden. Für Handel und Gastronomie seien die Einschränkungen noch gravierender.

Die Geschäftsführung der Leipziger Messe GmbH erklärte, daß keine Stelle im Unternehmen etwas von diesen Verträgen wußte. In Abstimmung mit den Gesellschaftern seien sofort Anwälte beauftragt worden, diesen „Teilausverkauf der Leipziger Messe“ für nichtig zu erklären. Wegen der bereits angelaufenen KPS-Werbung für „Auto Leipzig“ 1991, die nicht mit der Messe Leipzig abgestimmt sei, wurde am Dienstag eine einstweilige Verfügung gegen weitere Werbemaßnahmen beantragt.

Die Firmen des Bremers Klaus- Peter Schulenberg sind im nordwestdeutschen Raum an Anzeigenblättern, so etwa dem CDU-nahen 'Weser-Report‘, beteiligt und veranstalten mittelgroße Ausstellungen sowie Pop- und Klassik-Konzerte in der Region. KPS-Mitarbeiterin Sibylle Schug erklärte gegenüber der taz, die Leipziger Verträge seien „partnerschaftlich angelegt“ und beruhten teils auf Absprachen vom Jahresbeginn. Die Kontakte seien über Fischer-Stellvertreter Helmar Müller gelaufen, die Verträge wurden allerdings von Fischer selbst unterschrieben. Schug räumte ein, daß der Auto- Vertrag eine „ungewöhnliche“ Laufzeit habe.

Fischer war Mitte November fristlos entlassen worden, nachdem bekannt geworden war, daß er mit zwei Mannheimer Unternehmern einen Vertrag mit 25jähriger Laufzeit über die Vermietung sämtlicher elf Messehäuser in bester Innenstadtlage abgeschlossen hatte. Eigentümer der Messe-GmbH sind seit kurzem die Stadt Leipzig und das Land Sachsen.

Vier von fünf Bereichsleitern sind zudem am Dienstag bei einer von Schoop anberaumten Vertrauensabstimmung der Belegschaft durchgefallen: die für Planung und Ökonomie, Handel, Anlagen und Technik sowie der Hauptbuchhalter. Nur der Leiter des Bereiches Werbung und Öffentlichkeitsarbeit fand die Zustimmung der Beschäftigten.

Von einem neuen Konzept für den Messeort, so Schoop, könne derweil noch keine Rede sein, „denn das Konzept muß stimmen und weit in die Zukunft reichen“. Es bleibe bei der Parole „Leipzig — 2015“; dann werde die Mutter aller Messen 850 Jahre alt. Bis dahin soll der Schau- Platz über den Berg sein. diba/BD