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Bilder einer Zunft

■ Die Jahresausstellung des BBK

Würde die Jahresausstellung des Bund Berliner Künstlers, die jetzt im Künstlerhaus Bethanien stattfindet, in Köln, Basel oder Paris gezeigt — die würden unsere Folklore als »camp« rezipieren, um ihre Vorurteile über Berlin als Metropole nicht revidieren zu müssen. Jedes Bild mußte eine Jury passieren. Manche Bilder und Objekte wurde abgelehnt. Akzeptiert, um für den Qualitätsmaßstab des Verbandes zu sprechen, wurde das, was jetzt unter dem Titel »Blickfang« zu sehen ist; insofern ist es repräsentativ.

Der Kunstbegriff ist enger als im Paris der 20er Jahre, enger noch in dieser Ausstellung als der des VBK/Ost — und die Ausnahmen Günther Albienis Judd-Reminiszensen, Ruth Gindhards Skulptur und Johannes Kimstedts Kreidearbeiten bestätigen die Regel. Denn auch diese Ausstellung gehört zu der langen Reihe von Überblicksrepräsentationen, die in dieser Stadt offenbar zum Normalfall werden und die allmählich, aber konsequent das Stilgefühl verhunzen.

Alle Wände, dicht an dicht mit Bildern vollgehängt. »Bildstau« wäre wohl als Titel angemessener gewesen. Denn hätten die Veranstalter eine größere Hängefläche zur Verfügung gehabt, es würden noch mehr Bilder gezeigt werden. Vielleicht mietet der BBK das nächste Mal das ICC und läßt alles hinkarren, abladen, aufhängen. Warum auch nicht. Wenn verkauft wird — und es soll unbedingt verkauft werden — hat die Ausstellung ihren Zweck erfüllt.

99 Werke von 75 KünstlerInnen mit Preisen von 480 bis 18.000 DM; weit über die Hälfte der Preise liegen unter 4000 DM. Ansonsten liegen die Qualitäten des BBK in der politischen Durchsetzung von Künstlerinteressen, in der Überzeugungskraft der Forderungslisten an politische Ausschüsse. Das ist gut und wichtig. Aber es heißt nicht, daß das politisch Richtige und Notwendige das künstlerisch Triftige und Notwendige einschließt.

So findet im Künstlerhaus Bethanien innerhalb eines Monats schon die zweite Verkaufsausstellung statt. Nach der Künstlerbund-Ausstellung, wo die Interessenten mit der Preisliste durch die Räume pirschen konnten, flaniert man jetzt an einem Bilderangebot entlang, das sich vor allem durch seine Preise auszeichnet: exorbitante Mittellage. Die die BesucherInnen erfahren weder etwas darüber, wie gegenwärtig in den Ateliers dieser Stadt gedacht und gearbeitet wird, noch können sie erkennen, daß diese KünstlerInnen Themen, Aufgaben, Pläne haben, die auch andere angehen. Peter Herbstreuth

»Blickfang« im Künstlerhaus Bethanien, Mariannenplatz 2, 1-36 noch bis zum 31.1.; Di-So 11 bis 19 Uhr

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