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Hessen kassiert Mehrheit im Bundesrat

Berlin (taz/afp/dpa) — Nach jeder Landtagswahl werden eilig die Rechenschieber bemüht: Welchen Einfluß wird das neue Wahlergebnis auf die Sitzverteilung von Regierung und Opposition im Bundesrat haben? Denn ohne absolute Mehrheit in der Länderkammer kann zum Beispiel kein zustimmungspflichtiges Gesetz in Kraft treten, und auch gegen nichtzustimmungspflichtige Gesetze können die Länder Einspruch einlegen. Über die Konsequenzen des absehbaren Regierungswechsels in Hessen für das Abstimmungsverhalten im Bundesrat scheiden sich in Bonn die Geister. Bundeskanzler Kohl will schon nachgerechnet und festgestellt haben, daß es künftig kein „Patt“ in der Länderkammer geben wird. Politische Beobachter mit funktionierenden Taschenrechnern sehen dagegen den bundespolitischen Einfluß der SPD über den Bundesrat gestärkt oder halten es wenigstens für denkbar, daß es in diesem Gremium weder für die Bonner Regierungskoalition noch für die Opposition eine Mehrheit geben wird. Selbst für die nicht gerade koalitionsferne 'FAZ‘ hat sich der Bundesrat zum „parteipolitisch unberechenbaren“ Apparat entwickelt. Seit der deutschen Einheit verfügen die nunmehr 16 Bundesländer über insgesamt 68 Stimmen in der Kammer — je nach Einwohnerzahl pro Land drei oder vier bzw. sechs Stimmen. Rein rechnerisch werden die CDU-regierten Länder nach dem Dezember-Wahlergebnis in Berlin in Zukunft zwar über eine Mehrheit von 35 zu 33 Stimmen verfügen. Da in Berlin aber eine große Koalition zwischen CDU und SPD ansteht, sind die vier Stimmen dieses Landes nicht eindeutig dem Unionslager zuzurechnen. Denn üblicherweise enthalten Koalitionsvereinbarungen eine sogenannte Bundesratsklausel, wonach bei Meinungsverschiedenheiten in der Landesregierung über die Abstimmung im Bundesrat Stimmenenthaltung geübt wird. Eine Enthaltung wirkt nach dem Abstimmungsverfahren im Bundesrat dann wie eine Ablehnung. Das hieße wiederum, daß das Unionslager in solchen Fällen nur noch über 31 Stimmen, also vier zu wenig, verfügt, um einen Beschluß durchzusetzen. Mit dem Machtwechsel in Hessen wird für Bundeskanzler Helmut Kohl das Regieren also erheblich schwieriger. Mehr als in den letzten Monaten wird die Bundesregierung künftig darauf angewiesen sein, sich um Kompromisse mit der SPD-Seite zu bemühen. Andererseits sind die SPD-geführten Länder nicht stark genug, um eigene Beschlüsse gegen die Union durchzubringen: Auch in Hamburg und Brandenburg regiert die SPD in Koalitionen (mit der FDP bzw. FDP und Bündnis 90), deren Stimmen im Streitfall im Bundesrat fehlen. bg

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