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Auf des Golfkriegs Flammen sein Süppchen kochen

Der türkische Präsident Özal ist innenpolitisch am Ende/ Jetzt hilft ihm nur noch die Flucht in den Krieg  ■ Aus Istanbul Ömer Erzeren

Krieg macht ihm Laune. „Nach dem Krieg wird die Türkei größer und stärker dastehen“, hat der türkische Staatspräsident Turgut Özal gesagt. „Wir haben keine Angst. Vergeßt nicht, daß wir ein kriegerisches Volk sind.“ Daß die überwältigende Mehrheit der Türken gegen eine Beteiligung am Golfkrieg ist und Millionen Menschen an der Grenze im Einzugsbereich irakischer C-Waffen leben, läßt ihn kalt. Willfährig tut er, was George Bush befiehlt. Als der US-Präsident ihn über das bevorstehende Bombardement des Irak informierte, war er erleichtert: „Ich habe Bush viel Glück gewünscht und gebetet.“ Sobald die Amerikaner ihr Okay dazu geben, wird Özal die zweite Front gegen den Irak eröffnen — das blutige Stadium des Krieges. Nicht mehr nur Bombenangriffe auf militärische Basen, sondern ein konventionell geführter Krieg mit Bodentruppen, in dem Hunderttausende sterben werden.

Im Schatten des Krieges kann man viele Probleme loswerden. Im Ausnahmezustand können Militäreinheiten auf streikende Arbeiter schießen. Man kann der kurdischen Widerstandsbewegung blutig den Garaus machen. Man kann den letzten Rest demokratischer Rechte und Freiheiten beseitigen. Noch während die Strategen im Pentagon den Krieg planten, um die Ölfreiheit der kuwaitischen Ölscheichs zu garantieren, schickte das türkische Regime Soldaten gegen die streikenden Bergarbeiter Zonguldaks aus. Der Krieg gegen den inneren Feind hat längst begonnen. Das Kabinett verbot am Wochenende alle Streiks. Militär schoß auf kurdische Antikriegsdemonstranten — gerade hundert Kilometer von der irakischen Grenze entfernt.

Özal ist innenpolitisch am Ende. Seine neoliberale Wirtschaftspolitik endete im Desaster, Inflation und Armut haben die Bevölkerung aufgebracht. Ohne den Krieg sind Özals Tage im Präsidentensessel gezählt. Deshalb ist sein Rettungsanker der Krieg. Weil sein Präsidentensessel in Gefahr ist, wird das Nato-Land Türkei Kriegspartei werden. Geradezu gierig wartet Özal darauf, daß der Irak endlich eine Rakete gegen die US-Stützpunkte auf türkischem Territorium abfeuert. Krieg an der irakisch-türkischen Grenze heißt Krieg der Nato. Dann können auch deutsche Piloten, die seit dem Zweiten Weltkrieg kein fremdes Territorium aus der Luft angegriffen haben, Bomben in der arabischen Wüste abwerfen.

Die Erdölfelder von Mossul und Kerkuk im Nordirak sind nicht zu verachten. Noch vor wenigen Jahren bombardierten türkische Flugzeuge mit Einwilligung des Saddam-Hussein-Regimes Kurdenstellungen im Nordirak. Ein Kurdenstaat in der Region, der aus einer Zerstückelung des Irak hervorgehen könnte, ist den Regierenden in der Türkei ein Horror. Gegenwärtig will man die Kurden im Nordirak mit dem Versprechen auf kulturelle Autonomie ködern und sich so die Region einverleiben.

Militäreinsätze gegen Arbeiter, Streikverbot und Antikriegsdemonstrationen in der Türkei werden in den westlichen Medien nicht thematisiert. Statt dessen Befriedigung darüber, wie treu doch der Bündnispartner Özal ist. Was wiegt das Selbstbestimmungsrecht der Kurden, wo es um die Befreiung Kuwaits, um die Ölinteressen des Westens geht? Und schließlich ist Özal auch gewillt, die Drecksarbeit des Krieges zu übernehmen. Fernab vom Schuß, in den warmen Wohnstuben, zugeschaltet durch CNN, wird man das auch in Deutschland mit Genugtuung und verlogenem Mitleid verfolgen.

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