: TV-Marti landete im Sumpf
■ US-Propagandasender gegen Fidel Castro ist bei Wartungsarbeiten abgestürzt
Als vor einigen Jahren die amerikanische Regierung unter Ronald Reagan Pläne bekanntgab, man wolle einen Fernseh-Propagandasender errichten, der von einem Fesselballon im extremen Süden Floridas aus nach Kuba einstrahlen sollte, konnte zunächst keiner so richtig an eine Umsetzung dieser Pläne glauben. Bereits seit Anfang der achtziger Jahre betreibt die United States Information Agency (USIA) Radio Marti einen Propagandasender, der dem Regierungssender Voice of America untersteht und der seine HörerInnen zum Sturz von Fidel Castro ermuntern will.
Nach einigen Schwierigkeiten der US-Regierung, die nötigen Millionen von US-Dollar für TV-Marti vom amerikanischen Kontgreß genehmigt zu bekommen, begann die Station tatsächlich vor nunmehr einem Jahr mit seinen Sendungen für Kuba. Obwohl die kubanische Regierung Protest vor dem UN-Sicherheitsrat einlegte und bei der Internationalen Fernmeldebehörde (ITU), die die USA daraufhin auch erfolglos aufforderte, den Betrieb von TV- Marti einzustellen, waren die Programme täglich mehrere Stunden zu sehen. Kuba sorgte jedoch mit Störsendern am Boden, in Flugzeugen und Helikoptern dafür, daß die Sendungen in der Hauptstadt Havanna, für die die Programme hauptsächlich bestimmt sind, nicht empfangen werden konnten.
Diese Störaktionen hielten TV- Marti jedoch nicht davon ab, die Arbeit fortzusetzen. Jetzt ist man jedoch wirklich in Schwierigkeiten geraten, denn letzte Woche hat sich der mit Helium gefüllte Fesselballon, in dem sich in etwa 3.000 Metern Höhe auch die Sendeanlagen befinden, bei Wartungsarbeiten losgerissen, um dann unkontrolliert davonzufliegen. Ein Hubschrauber der US-Luftwaffe nahm die Verfolgung des Propagandaballons auf, von wo aus man über Funk gesteuert das Helium aus dem Ballon ablassen und den Ballon zum Landen bringen konnte. Da diese Landung jedoch in einem der unzugänglichsten Teile der Sumpfgebiete der Everglades auf einem Mangrovenwald stattfand, kann der Ballon jetzt weder von Land noch vom Wasser her erreicht werden. Die beschädigten Sendeanlagen wurden von einem Hubschrauber aus geborgen, der Ballon, der nicht Radio Marti, sondern der US-Luftwaffe gehört, kann nicht mehr verwendet werden.
Auch jetzt will TV-Marti, dessen Studios sich in Washington befinden, von wo die Programme per Satellit zum Sender im Fesselballon übertragen wurden, den Betrieb nicht einstellen. Man begründet diesen Schritt damit, daß das Satellitensignal, das eigentlich für die Übertragung zum Ballon gedacht ist, von jedem Besitzer einer Satellitenempfangsanlage aufgenommen werden kann.
Die Tatsache, daß es auf Kuba kaum solche Anlagen gibt, scheint bei TV-Marti keinerlei Eindruck zu machen. Radio Marti weist weiterhin in seinen Sendungen in Spanisch auf Mittel- und Kurzwelle auf die Möglichkeit hin, TV-Marti via Satellit direkt zu empfangen. Harald Kuhl
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