: Frauen bereiten Nahostkonferenz vor
„Produzentenhaftung“ von Rüstungsindustrie und Lebenswirklichkeit von Frauen aus der Kriegsregion ■ Aus Berlin Ute Scheub
Berlin soll der Ort für eine große internationale Frauenfriedenskonferenz sein. Das beschloß eine Gruppe von Frauen, die dort am Wochenende ein erstes Vorbereitungstreffen abhielt. Einen wichtigen Anstoß dazu hatte die Frauenaktion „Scheherazade“ gegeben“. Im „Frauenhotel Artemisia“ als Tagungsort hatten sich unter anderem Vertreterinnen des Berliner „Rates der Frauen“, der autonomen Frauenbewegung, der „Europäischen Frauenaktion“, der „Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit“, der „Frauenaktion Scheherazade“ sowie Vertreterinnen des Nahen Ostens eingefunden. Allerdings gab es aus dem Kreis jener Frauen, die im November 1989 mit Geldern des rot-grünen Senates die „KSZE der Frauen“ organisiert hatten, auch Bedenken gegen eine solche „Mammutkonferenz“, deren Finanzierung noch ungeklärt ist. Besonders Nadia Hakimi von der „Tunesischen Vereinigung der demokratischen Frauen“ setzte sich für Berlin als Tagungsort ein. Diese oppositionell-feministische Gruppierung plant für April einen Kongreß in Tunesien, der mit der für Mai geplanten Berliner Konferenz koordiniert werden könnte. Berlin sei „ein sehr guter Ort“, befand Nadia Hakimi. „Ihr könnt euch nicht vorstellen, von welch großer Bedeutung der Fall der Mauer für die Frauenbewegung in Nordafrika war.“
Drei Schwerpunkte will die Konferenz setzen. Zum einen soll, gewissermaßen in Analogie zu den Geschichten der Erzählerin Scheherazade in 1.001 Nacht über unschuldig Getötete, die Lebenswirklichkeit von Frauen in der Kriegsregion zur Sprache kommen. Zum zweiten soll die deutsche und europäische Rüstungsindustrie massiv an den Pranger gestellt werden, die nicht nur Saddams Krieg, sondern vielleicht schon die nächsten Kriege der nächsten Husseins in der Region ermöglicht. „Im Gegensatz zu Hitler ist Husseins Militärindustrie nicht autark, der Schlüssel, Saddam zu stoppen, liegt bei uns“, zitierte eine Frau eine Analyse der entwicklungspolitischen Gutachterin Claudia von Braunmühl. Die hiesige Rüstungsindustrie müsse durch alle möglichen Aktionen unter den Druck gesetzt werden, Gelder für die Opfer bereitzustellen.
„Wiedergutmachung“, forderte eine Irakerin. Da es aber nichts wiedergutzumachen gibt, wollte die ehemalige AL-Frauensenatorin Anne Klein lieber den Begriff „Produzentenhaftung“ verwendet sehen.
Der dritte Schwerpunkt der Konferenz soll die Diskussion eines gewissermaßen „von unten“ erstellten Friedensplans für die Region sein. Anne Klein erinnerte hier unter zustimmendem Nicken der Araberinnen nochmal an den Vorschlag, der auch schon bei der „KSZE für Frauen“ eine Rolle gespielt hatte: Der offensichtlich friedensunfähigen UN-Sicherheitsrat solle einen „Frauenkontrollrat“, einen Beirat mit Vetorecht, vorgesetzt bekommen, der überprüfen soll, ob die gefällten Beschlüsse mit den Menschen- und den Frauenrechten übereinstimmen.
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