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Braun „als IM nicht geeignet“

Der Innenausschuß des Landtags von Sachsen-Anhalt befaßt sich heute in einer Sondersitzung mit Minister Brauns Verbindungen zur Stasi/ Für Tschiche ist dessen Kripo-Spitzelei Grund zum Rücktritt  ■ Von Eberhard Löblich

Magdeburg (taz) — Der Innenausschuß des Landtages von Sachsen- Anhalt tritt heute zu einer Sondersitzung zusammen. Einziges Thema der Tagesordnung: die Affäre Braun, die den Landtag in seiner letzten Sitzung gleich mehrmals beschäftigte.

Während der Debatte über die von der SPD beantragten Sondersitzung des Innenausschusses verkündete CDU-Fraktionsvorsitzender Joachim Auer, was ihm kurz zuvor der Sonderbeauftragte Gauck mitgeteilt hatte: Braun war inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Kriminalpolizei. Eine ähnliche Tätigkeit Brauns für die Stasi konnte die Behörde bislang nicht belegen. 1962 hätten zwar Pläne des MfS existiert, Braun als IM anzuwerben. Der heutige Innenminister war damals in der Abteilung für Arbeit der Stadt Magdeburg beschäftigt und sollte zunächst nicht nur Informationen aus dieser Abteilung, sondern auch aus der CDU liefern. Die entsprechende Akte, die auch einen handgeschriebenen Lebenslauf Brauns enthält, wurde 1963 geschlossen. Braun sei, so lautet der Schlußvermerk, „als IM nicht geeignet“, außerdem sei die Abteilung für Arbeit inzwischen hinreichend mit IMs abgesichert. Der 16 Blatt starke Vorgang gebe keinen Hinweis darauf, ob es Kontaktgespäche zwischen Braun und der Stasi gegeben hat. Im Stasi-Archiv Halle wird Braun mit „partei- und betrieblichen Maßnahmen“ in Verbindung gebracht, wobei keine Akte mit näheren Angaben auffindbar war.

Die Stasi-Vorwürfe gegen Braun sind vermutlich lange nicht so hoch zu hängen, wie sie der 'Spiegel‘ gerne hängen möchte. Gut, Braun war kraft seines Amtes im VEB Altstoffhandel Informant der Magdeburger Kripo und damit vermutlich auch zwangsläufig der Stasi. Denn wer von strikter Trennung von Kripo und Stasi in der Ex-DDR ausgeht, der muß sich zumindest Blauäugigkeit, wenn nicht Böswilligkeit vorwerfen lassen.

Für Hans-Jochen Tschiche (Bündnis 90/Grüne) ist die Spitzelei Brauns für die Kripo schon Grund genug, daß Braun über Rücktritt nachdenken sollte. „In der DDR hat sich jeder Wirtschaftsfunktionär illegal verhalten müssen, um seinen Laden überhaupt am Laufen zu halten“, stellte Tschiche in der Landtagsdebatte fest. „Das Ermitteln dieser Straftaten durch die Kriminalpolizei hat nur den einen Zweck gehabt, gute Gründe zu finden, um politisch mißliebige Personen in die Pfanne zu hauen.“ Ein Thema, das die Fraktion heute sicher in die Sondersitzung des Innenausschusses einbringen wird.

Die wird aber erst durch Brauns Personalpolitik und damit durch den Fall Matschke interessant. Und dieser Fall zieht mittlerweile so weite Kreise, daß sich sogar der Landtag in Niedersachsen damit beschäftigte. Denn in Aufstieg und Fall des selbsternannten Sicherheitsexperten Matschke ist vermutlich auch der niedersächsische Verfassungsschutz verwickelt: Eine offizielle Beteiligung des Geheimdienstes habe es jedoch nicht gegeben, erklärte Niedersachsens Innenminister Gerhard Glogowski (SPD) auf eine dringliche Anfrage der FDP-Fraktion im Landtag. Er nehme an, daß sich Matschke in Magdeburg selbst als Sicherheitsberater empfohlen habe, sagte Glogowski. Er räumte allerdings die Tätigkeit Matschkes für den niedersächsischen Verfassungsschutz ein, für die der Frankfurter Privatdetektiv insgesamt 15.800 Mark erhalten habe.

Glogowski konnte und wollte allerdings nicht ausschließen, daß Matschke die Informationen, die er zuletzt im Oktober überbracht hat, schon während seiner Tätigkeit als Sicherheitsberater in Sachsen-Anhalt erhalten habe. In der niedersächsischen Landtagsdebatte über den sachsen-anhaltinischen Fall Braun/ Matschke sah er für disziplinarische Maßnahmen gegen einzelne Verfassungsschutzbeamte keinen Anlaß. Allerdings räumte er ein, daß einzelne Mitarbeiter des Geheimdienstes von ihren Vorgesetzten dazu aufgefordert wurden, gegen sich selbst ein Disziplinarverfahren einzuleiten.

In der Unterstützung des niedersächsischen Verfassungsschutzes für den Aufbau eines gleichartigen Geheimdienstes in Sachsen-Anhalt habe es peinliche Pannen gegeben, gestand Glogowski. So wurde im Nachbarland observiert, ohne daß die politische Führung von Sachsen- Anhalt darüber informiert gewesen sei. Ein willkommenes Futter für die oppositionelle FDP. Der Verfassungsschutz sei der niedersächsischen Landesregierung aus dem Ruder geraten, monierte deren Sprecher Kurt Rehkopf: „Rot-grün hat nichts aus der Vergangenheit gelernt.“ Aber die war doch maßgeblich von der FDP mitbestimmt, oder, Herr Rehkopf?

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