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Koalition der Gesundbeter

■ Die Bonner Finanzbeschlüsse für Ostdeutschland KOMMENTAR

Nun scheint also alles wieder in Ordnung. Nachdem der Golfkrieg zu Ende gegangen ist und damit die deutschen Kriegskosten kalkulierbar geworden sind, stand einer Neukalkulation der Einheitskosten nichts mehr im Wege. Die Absprachen zwischen Bund und Ländern über eine neue Finanzverteilung zugunsten der ostdeutschen Länder haben offenbar bei allen beteiligten Regierungschefs Zufriedenheit ausgelöst. Eine überparteiliche große Koalition von Gesundbetern ist aus dem Sitzungssaal gekommen und als politische Möglichkeit sichtbar geworden. Abgesehen von derartigen Bonner Perspektiven dienen die Beschlüsse unmittelbar allen Beteiligten zur politischen Entlastung: Die Länderchefs aus Ostdeutschland können auf neue Milliardenbeträge rechnen, die Westländer haben ihren Schaden begrenzt und der Bund kann sich auf Basis der zuvor beschlossenen Steuererhöhungen spendabel zeigen. Es ist nicht nur der Druck der Verhältnisse, der zu diesem Ergebnis geführt hat. Es ist auch der Druck der getäuschten, enttäuschten Menschen in den neuen Ländern, die ihren Protest in den letzten Wochen zunehmend auf die Straße tragen.

Dabei muß richtiggestellt werden, daß die Bonner Beschlüsse keineswegs nur als „Hilfe“ für die neuen Länder verstanden werden können. Sie sind nur, soweit es die Einbeziehung der ostdeutschen Länder in die Verteilung der Umsatzsteuern betrifft, ein Schritt zur Korrektur von finanziellen Diskriminierungen aus dem Einigungsvertrag. Hier hatten sich die Interessen der westdeutschen Länder noch einmal durchgesetzt, die ihren Anteil an der Umsatzsteuer vor der Vereinigung nur durch elf teilen mußten und ihre Haushalte entsprechend kalkuliert hatten. Eine plötzliche Umverteilung auf nun 16 Länder, so hieß es damals, könne den alten Ländern nicht ohne bedenkliche Friktionen zugemutet werden. Nun müssen sie doch schneller in den sauren Apfel beißen als ihnen lieb war. Mit dem noch nicht quantifizierten Versprechen der Bundesregierung, einen Ausgleich für die geplante Abschaffung der den Ländern zugute kommenden Vermögens- und Gewerbekapitalsteuer zu schaffen, haben sie ihr Trostpflaster erhalten.

Dennoch ist die Diskriminierung zwischen den Ländern in Ost- und Westdeuschland noch keineswegs aufgehoben. Noch werden die neuen Bundesländer nicht in den normalen Länderfinanzausgleich einbezogen. Würden sie es, müßten sich die reichen, CDU-regierten Südländer auf höhere Transferleistungen einrichten, während die ärmeren, SPD-regierten Länder zusehen müßten, wie die bisher ihnen zugute kommenden Ausgleichszahlungen nun an ihnen vorbei nach Ostdeutschland fließen. Auch hier also eine parteiübergreifende Koalition der alten Bundesländer zur Verteidigung bisheriger Besitzstände. Man darf gespannt sein, wie lange diese Regelung dem Problemdruck aus Ostleutschland standhalten wird. Denn auch wenn jetzt weitere Milliardenbeträge in den Osten fließen, auch wenn die Länder und Gemeinden endlich mit dem Aufbau funktionierender Verwaltungen beginnen können: Der wirtschaftliche Zusammenbruch mit seinen unabsehbaren sozialen Folgekosten läßt sich allein durch die Sanierung der öffentlichen Haushalte kaum aufhalten. Und weil das auch die Politiker wissen, drängt sich doch geradezu der Hinweis des mecklenburgischen Ministerpräsidenten Gomolka (CDU) auf, nun seien die Menschen in Ostdeutschland in ihrer Leistung gefragt. Mit anderen Worten: Die Leute sind selbst schuld, wenn die Misere sich fortsetzt. An falscher Politik kann es ja jetzt nicht mehr liegen. Martin Kempe

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