: Kolonialismus pur
■ Potsdamer Magistrat überfordert: Welchem Investor aus dem Westen kann man überhaupt trauen?
Potsdam. Der Westberliner Rechtsanwalt Heinz Egerland, Berater des Potsdamer Magistrats, traute seinen Augen kaum: Das Trio, das seit Tagen die Stadtväter mit einem Super-Auftrag in Aufregung versetzte, kannte er nur zu gut. Die drei Herren hatten eine 1,5-Milliarden-Bauinvestition aus Jakarta versprochen. Doch seriös waren weder sie noch ihr Angebot. Der »Architekt« soll wegen fragwürdiger Konkurse aktenkundig sein.
Daß etliche Bewerber keine weißen Westen haben, ist im Potsdamer Amt für Wirtschaftsförderung mittlerweile bekannt. Von rund 2.000 Investitionsanträgen sollen nur zehn Prozent für die Stadt von Interesse sein, so Amtsleiter Hans- Jürgen Wendel. Doch aus Angst, übervorteilt zu werden, bleiben auch seriöse Angebote in den Schubladen. Etwa 1.000 sollen es sein, schätzen Insider. So wollte der Mineralölkonzern Esso in Potsdam schon vergangenes Jahr mehrere Tankstellen bauen. Bis heute steht noch keine einzige. Die Kempinski-Lufthansa-Gruppe wollte sich am Wiederaufbau des Stadtschlosses beteiligen — und erhielt keine Antwort.
Hätten schließlich Investoren dieser Tage versucht, telefonisch Kontakt zu den Stadtentwicklern aufzunehmen, wären sie am steten Freizeichen in der Leitung gescheitert. Nach Änderung der Telefonnummer hatte niemand für eine Bandansage gesorgt.
Angesichts solcher Probleme wird in der Brandenburger Landesregierung laut darüber nachgedacht, wie man die Kommunalpolitiker »auf Trab« bringen könnte. Erstmal wurde eine »gemeinsame Arbeitsgruppe« gegründet, und Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) kündigte an, sich der Kommune intensiver anzunehmen. Hinter verschlossenen Türen gar wird erwogen, einen Staatskommissar einzusetzen. Dorothee Stacke/dpa
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