Karlsruher Richter geben Töpfer recht

Niedersachsens Umweltministerium muß Unterlagen über den Schacht Konrad innerhalb von vier Wochen veröffentlichen/ Auch ohne Untersuchungsergebnisse über Umweltverträglichkeit  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Das Land Niedersachsen muß die Planunterlagen für das Atommüllendlager Konrad unverzüglich auslegen. Die Bundesländer werden in vielen Bereichen noch mehr als bisher zu Befehlsempfängern des Bundes degradiert. Dies sind die Konsequenzen des gestrigen Urteils des Bundesverfassungsgerichts über den Streit zwischen dem Land Niedersachsen und dem Bundesumweltminister um das Planfeststellungsverfahren für Schacht Konrad. In der Entscheidung zu der „bundesaufsichtlichen Weisung“, in der Bundesumweltminister Töpfer von Niedersachsen im Januar die sofortige Auslegung der Endlagerunterlagen verlangte, hat sich der 2. Senat des höchsten bundesdeutschen Gerichtes noch eindeutiger als erwartet auf die Seite des Bundes geschlagen. Die Verfassungsrichter stellten nicht nur fest, daß die Weigerung Niedersachsens, Töpfers Weisung zu befolgen, gegen „Artikel 85 des Grundgesetzes verstößt“. Das Urteil nimmt den Ländern auch jede Möglichkeit, sich gegen rechtswidrige Weisungen des Bundes zu wehren, die die Bundesauftragsverwaltung durch die Länder betreffen.

Schon in den Leitsätzen stellte der 2. Senat gestern fest, daß über „Umfang und Grenzen der Verbindlichkeit“ einer solchen Weisung des Bundes gerichtlich nur „im Bund- Länder-Streit vor dem Bundesverfassungsgericht“ entschieden werden dürfe. In einem solchen Verfahren, so heißt es dann weiter in der Entscheidung, könnten die Länder aber „nicht geltend machen, der Bund übe seine Weisungsbefugnis inhaltlich rechtswidrig aus“. Die Länder könnten sich gegen eine Weisung nur dann wehren, wenn sie gegen die Verfassung verstoße.

Konsequenterweise haben sich die Karlsruher Richter dann gar nicht erst mit der Frage befaßt, ob Töpfers Weisung gegen einfaches Recht verstößt und das Land zu einem rechtswidrigen Verhalten zwingt. Mit nur einem Satz wird in der Entscheidung die Position Niedersachsens abgehandelt, daß vor einer Auslegung der Konrad-Unterlagen noch eine Umweltweltverträglichkeitsprüfung zwingend vorgeschrieben sei. „Mit dem Einwand, die Auslegung sei fehlerhaft, kann das Land nicht gehört werden“, urteilte der 2.Senat gestern lapidar.

Die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn hat es gestern bedauert, daß sich die Karlsruher Richter mit der Frage der Umweltverträglichkeitsprüfung gar nicht auseinandergesetzt haben. Sie versicherte noch einmal, daß jetzt innerhalb der nächsten vier Wochen die Planfeststellungsunterlagen ausgelegt würden. Gleichzeitig werde das niedersächsische Umweltministerium aber auch die Bürger über deren Rechte in diesem Verfahren informieren.

Die Verfahrensmängel, die fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung, die das Land gerügt habe, könnten nun allerdings zu Klagen von Bürgern und schließlich dazu führen, daß das ganze Verfahren am Ende neu aufgerollt werden müsse, sagte die parteilose Umweltministerin. Die Ministerin will jetzt prüfen lassen, ob die Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht, die Niedersachsen gegen Töpfers Weisung angestrengt hatte, zurückgezogen wird. Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht diesen Klageweg, auf dem die Weisung Töpfers auch auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit überprüft worden wäre, gestern per Alleinzuständigskeitsanspruch verbaut.