: Wie Berlin über seine Grenzen schwappt
■ Das »Stadtforum Berlin« thematisierte gestern zukünftige Raumszenarien zur Verteilung von Büroflächen/ City zwischen Ku'damm und Alexanderplatz wird in die Höhe schießen
Berlin. Lehnen wir uns zurück! Die Nutzungsentwicklung Berlins auf dem Dienstleistungssektor wird in den kommenden 15 Jahren — glaubt man Ulrich Pfeiffer, Mitglied der Lenkungsgruppe im Berliner »Stadtforum« — so unspektakulär verlaufen wie in verleichbaren Metropolen vor 15 Jahren. Die City zwischen Ku'damm und Alexanderplatz, erläuterte der Bonner Bauökonom seine gerechneten Modelle für »Entwicklungszenarien«, wird infolge räumlicher Verdichtung zu einem tertiären Ballungsgebiet in die Höhe schießen. Eine »Verdoppelung der Dienstleistungstendenzen« wird zu einer überproportionalen Büroraumentwicklung führen. Beinahe 3 Millionen Quadratmeter Flächenbedarf werden maximal bis zum Jahre 2005 auf die Innenstadt zukommen.
Auf dem Weg zur Metropole haben wir uns darunter multifunktionale High-Tech-Türme vorzustellen, die für herkömmliche Büroraummieter unerschwinglich sein werden. Jene erfaßt dann der »Überschwappungseffekt«, so Pfeiffer, der sie an die Peripherie Berlins spülen wird, inklusive des urbanen Umfeldes von Handel und Gewerbe. Von jenseits des S-Bahn-Rings sind dann »Pendlerströme« zu erwarten. Pfeiffer rechnet mit mehreren hunderttausend täglich.
Schließlich werde Berlin, geteilt in seine reichen Innenstadtbereiche und seine förderungswürdigen Standorte außerhalb, so strukturiert sein wie Frankfurt/Main, Paris oder London, denkt man sich noch kleine Hochhausgebirge an Verkehrsknotenpunkten oder Stadteingängen, wie Manfred Zache von »regioplan« sich im Anschluß an Pfeiffer ausmalte. Am Ost- und Westkreuz könnten, ebenso wie am Potsdamer Platz, Mini-Manhattans [aber mit Maxi-Hochhäusern, säzzer] entstehen. Lehnen wir uns vor! Der sogenannte Bedarf an Büroraum bedeutet eine Senkung der zu realisierenden Wohnflächen und zugleich eine Verdrängung von Mietern aus den citynahen Bereichen Ost- und Westberlins. Neue städtebauliche Strukturen wie »Citybänder«, Großsiedlungen und Kopfbahnhöfe schaffen großräumige Monostrukturen zwischen Innenstadt und Peripherie, die gleichzeitig eine Schwächung bezirklicher Strukturen nach sich zögen.
Immerhin — dafür ist das »Stadtforum« schließlich da — müssen sich nur die Stadtplaner, eingedenk der Pfeifferschen »Szenarien« ein Konzept gegen die bloßen Marktentwicklungstendenzen einfallen lassen. Welche Strategien könnten das sein? Stehen wir also auf! rola
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