Östlich der Elbe Verhütung frei

■ Bundesratsinitiative von Senatorin Bergmann und Ministerin Hildebrandt wird von allen ostdeutschen Ländern unterstützt/ Selbst Kirchensprecher zieren sich nicht/ Krankenkassen sollen zahlen

Berlin. Geht es nach dem Willen von Gesundheitssenatorin Christine Bergmann und ihrer brandenburgischen Kollegin Regine Hildebrandt (beide SPD), dann können Frauen in den neuen Ländern und Berlin Verhütungsmittel kostenlos beziehen. Diese Forderung, von den beiden Politikerinnen gestern erneut aufgestellt, soll nun mit Hilfe einer Bundesratsinitiative durchgesetzt werden. Die Gesundheitsminister der restlichen ostdeutschen Länder stehen ebenfalls hinter dieser Initiative. Die Kosten für Verhütungsmittel sollen von den Krankenkassen übernommen werden.

In der Ex-DDR wurden schwangerschaftsverhütende Mittel seit 1972 kostenlos abgegeben — nicht mehr jedoch seit diesem Jahr. Für zahlreiche Frauen in den neuen Bundesländern stelle es eine nicht zumutbare finanzielle Belastung dar, die Kosten für Verhütungsmittel selbst zu tragen, sagen die Politikerinnen. Frauen setzten sich dem Risiko einer ungewollten Schwangerschaft aus, was zu einer erhöhten Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen führen könne.

In einer ersten Reaktion auf diese »aparte Frage« nannte Reinhard Stabinski von der evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg die kostenlose Abgabe von Kontrazeptiva eine »sozialpolitische Maßnahme, die man nur unterstützen kann«.

Auch der erste Vorsitzende des Diözesanrates der katholischen Kirche in Berlin, Bernd Streich, hat mit dieser Initiative keine Schwierigkeiten. Das katholische Lehramt vertrete zwar eine andere Richtung, und eine generelle Finanzierung von Verhütungsmitteln könne auch er nicht gutheißen. Er halte es aber für »durchaus ratsam und gut, Verhütungsmittel auch kostenlos abzugeben«.

Zustimmend reagierte Werner Kollaschek, Sprecher der BBK-Allianz-Versicherungs-AG: Seit der Gesundheitsreform hätten die Kassen ja auch Leistungen im präventiven Bereich zu erbringen — und diese Maßnahme trage durchaus vorbeugenden Charakter. Andererseits sieht er hier eher ein gesellschaftspolitisches Problem, wo sich eine Bezuschussung aus Steuermitteln eher anbieten würde als die zusätzliche Belastung der BeitragszahlerInnen.

Von Berliner Frauenprojekten wurde die Initiative einhellig begrüßt. Lisa Luger vom Feministischen Frauengesundheitszentrum meinte, es solle eigentlich überall so sein, daß Verhütungsmittel nichts kosten. So löblich sie die Übernahme von Schwangerschaftsabbrüchen durch die Kassen finde, so sei es andererseits aber »überhaupt nicht einzusehen, daß die Prävention nicht bezahlt wird«. Juttas Weisner vom Frauenforschungs- und Informationszentrum FFBIZ verwies darauf, daß man »angesichts des unsicheren Ausgangs der Debatte um den Paragraphen 218 hüben und drüben wenigstens die Möglichkeit zur Verhütung geben und frei zugänglich machen« müsse. Corinna Raupach