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Kräuter und Ehediplomatie

■ „Frauen tragen schwer“: Zimbabwe von innen / Ein Buch von Gisela Frege-Weghöft

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Bei Bremer Dritte-Welt-FreundInnen rangiert es ebenso wie bei Minister Sprangers jüngstem Afrikatip ganz vorne: Zimbabwe. Vom honorigen Ex-Guerillaführer Mugabe regiert, Standort zahlreicher Entwicklungsprojekte, kein Hungerland, als Beispiel für den Ausgleich zwischen Schwarzen und Weißen gefeiert. Soweit die Außenansicht.

„Amai Masimba, die junge Schwiegertochter, mußte sich unterordnen und der älteren Frau zur Hand gehen, während sie ihr aus Respekt niemals in die Augen schauen durfte. Männliche Verwandte mußte sie, genauso wie ihren Ehemann, kniend bedienen. Dies kostete sie keinerlei Überwindung, da sie es aus ihrem eigenen Elternhaus und aus der Schule gewohnt war, vor allen Respektpersonen zu knien.“ Das ist eine Innenansicht, eindrucksvoll geschildert von Gisela Frese-Weghöft in ihrem gerade erschienenen rororo-aktuell-Buch „Frauen tragen schwer“.

Frese-Weghöft arbeitet seit kurzem als Lehrerin in Bremen, zuvor war sie viereinhalb Jahre als Entwicklungshelferin in Zimbabwe. Amai Masimba hat Frese- Weghöft kennengelernt, als sie in den Bergen der Provinz Manicaland die Mädchen und Jungen der Dorfschule in Englisch und Hauswirtschaft unterrichtete. Sie hat im Dorf gelebt und allmählich Kontakt und Freundschaft zu den Frauen aufgebaut.

Männer gibt es dort höchstens am Wochenende für ein paar Stunden. Die Männer gehen „zum Geldverdienen“ in die Stadt. Vor allem die Hauptstadt Harare besitzt eine magische Anziehungskraft. Die Frauen sind mit Kindern und Feldarbeit alleingelassen, müssen obendrein noch Geld verdienen. Die Männer bringen ihr Geld häufig in Bierhallen durch oder machen in der Stadt eine Zweitfamilie auf.

Eine offene Auseinandersetzung mit ihren Männern ist den Frauen verboten. Das sei gegen die Tradition. Mit dieser Begründung untersagt etwa die Sozialbehörde, „Frauen zum Ungehorsam gegenüber ihren Ehemännern anzuleiten“. Deshalb sind die Frauen zu „Ehediplomatie“ gezwungen, für die Frese-Weghöft Beispiele nennt: „Es kommt häufig vor, daß Ehefrauen sich Kräuter oder verzauberte Nahrungsmittel holen, die sie den Ehemännern unter das Essen mischen. Einige dieser Zutaten greifen die inneren Organe an. Der Mann wird schlapp und bleibt lieber bei seiner Frau zu Hause, als im Bottlestore sein Geld zu vertrinken oder andere Frauen zu treffen. Und der Zauber wirkt. Ehemänner, die ein schlechtes Gewissen gegenüber ihrer Frau haben, fürchten sich vor solchen Maßnahmen.“

Der Faszination der Städte folgen auch Frauen. Ihr Leben in den Townships von Harare lernte Frese-Weghöft kennen, als sie in den Sozialzentren der Townships Kurse über Ernährungslehre und Management abhielt. Denn viele Zimbabwerinnen verdienen einen kargen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Selbstgekochtem und Handarbeiten. Sie müssen Kalkulation und Abrechnung lernen, um ihre Waren nicht unter den Einstandspreisen zu verkaufen. Aber auch solche Kurse sind nur durch einen „diplomatischen“ Trick möglich: Sie werden aus den Profiten der Bierhallen finanziert.

Die Autorin hat trotz des beschwerlichen Alltags viele fröhliche Frauen kennengelernt, die mit unendlichem Wissensdurst in ihre Kurse kamen und in Projekten und Kooperativen einen Weg in die wirtschafliche Unabhängigkeit suchten. Frese-Weghöft schildert ihr Leben mit großer Sympathie und, selbst wenn ihr manches daran fremd sein mag, ohne Besserwisserei: “Meine Erfahrungen habe ich aus dem Blickwinkel der Ausländerin gemacht und möchte sie an Angehörige meines Kulturkreises weitergeben. Es liegt mir fern, den Menschen in Zimbabwe ihre Kultur zu erklären.“ G.M.

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