DONNERSTAG

Wie die Ironie des Zufalls bisweilen zur Fundgrube der Erkenntnis geraten kann, beweist der Fall Kazimierz Moczarski. Dieser polnische Widerstandskämpfer fand sich nach dem Zweiten Weltkrieg in ein und derselben Zelle mit dem SS-General Stroop. Stroop stand kurz vor seiner Verurteilung und hatte unter anderem die Vernichtung des Warschauer Ghettos durchgeführt. In dieser extremen Situation — Stroop mußte sich kurz vor seinem Ende noch vieles von der Seele reden — entstand in den Zellengesprächen die sonst eher rare Selbstdarstellung eines Faschisten. Die später von Moczarski niedergeschriebenen Gespräche mit dem Henker sind um 19.30 Uhr beimBerliner Rundfunk zu hören.

Unter dem lieblichen Titel Daisy Day verbirgt sich ein Science-Fiction- Hörspiel mit gruseligem Beigeschmack. Gruselig, weil das, was hier vor sich geht, nicht bloß wissenschaftlich möglich wäre, sondern als true story durchaus denkbar. Die Firma „Daisy Day“ testet Pestizide, Insektizide und andere Giftstoffe an einer Touristen-Gruppe. Unter dem Vorwand einer Sightseeing-Tour wurde die bunte Truppe per Rakete nach New York eingeflogen. Als die Opfer den eigentlichen Zweck der Übung erkennen, hat sich die todbringende Wolke bereits ausgebreitet, die Flucht ist unmöglich. Ihr Versuch, auf sich aufmerksam zu machen, wird vom PR-Chef der „Daisy Day“ zynisch als lustiges Winken von Robotern kommentiert. Und die Moral von der Geschicht? Eine junge Frau überlebt, weil sie von den Goodies aufgenommen wird. Eine Handvoll futuristischer Aussteiger nämlich lebt in den Ruinen der Stadt, fern von Konsum, Wegwerfgesellschaft und zynischer Vernunft... Um 20 Uhr holt uns der WDR 1 die nahe Zukunft ins Wohnzimmer.

Aber auch das offene Ohr für vergangene Jahrhunderte hat schon manchen zu neuen Ufern gebracht. So greifen etwa zeitgenössische Komponisten gerne ins Archiv oder lassen sich bei einem Streifzug durch die Bibliotheken von den Instrumenten ihrer Vorgänger anregen. Eine Kostprobe dieser Arbeitsweise tischt der WDR 3 um 23.05 Uhr im Studio Neue Musik auf: Hans Werner Henzes Choralvorspiel für alte Instrumente ist dort neben Arvo Pärts Fratres zu hören. Dem zur Seite stehen Musikalische Überlegungen zu Fantasien von John Bull (Gerhard Stäbler) und Fantasy about Purcell's Fantasia upon one note von Elliot Carter.