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Der Fantomas der Oper

■ Chor wegen Mißachtung falscher Einsätze entlassen

Bitterlich beschwert sich der Frauenchor „Chorifeen“ über schwer glaubliche Zustände bei Petrus von Herbersteins „Opera Piccola“. Jetzt ist fraglich, ob es überhaupt noch zu weiteren Aufführungen des „Türken in Italien“ kommt.

Die Opera Piccola mochte uns als Frauenchor für Rossinis „Türke in Italien“ — welche Freude für die Chorifeen! Der charmante Petrus von Herberstein gab uns die Ehre. Und jungen OpernsängerInnen von weither (USA, Türkei, Chile) will er eine Chance geben, Bühnenerfahrung zu sammeln. Dafür gibt er ein Taschengeld, das nicht einmal die Kosten der weiten Anreise deckt.

Leider fand sich kein Regisseur, deshalb übernahm P.v.H. neben dem Dirigieren auch das Regiment. Schließlich hat er, wie er sagt, schon bei etlichen Inszenierungen mitgewirkt, u.a. hier am Goetheplatz. Wenn auch bloß als Souffleur.

Bald schwamm die ganze Inszenierung - zwei Wochen noch bis zur Premiere! Ein Versuch der SängerInnen, die Regie zu übernehmen, trug ihnen Beschimpfungen ein. Das Orchester (junge Bremer Musiker, die aus Mangel an Geld oder Vorwarnung bereit waren, bei der Opera Piccola zu spielen) hatte noch keine gemeinsame Probe gehabt. Die vernünftigste Lösung wäre jetzt eine konzertante Aufführung gewesen. P.v.H. aber sträubte sich beharrlich.

Bei der Generalprobe war die Produktion auch musikalisch in einem bestürzenden Zustand. Als klar war, daß es niemals szenisch, höchstens konzertant klappen würde, hielt Herr v.H. das nach außen bis zuletzt geheim und hangelte sich sodann mühsam und mit etlichen Einsatzfehlern durch die Premiere. Dabei retteten die mimischen, gestischen und Sangeskünste der SolistInnen einiges.

Bei der zweiten Vorstellung entschied sich der Maestro, den Mitwirkenden zu zeigen, wer der Herr im Hause ist. Er unterbrach vor allen Leuten eine Sängerin und gab, nachdem sie neu eingesetzt hatte, dem Orchester rücksichtslos ein schnelleres Tempo vor. Die Sängerin verschwand in der Pause, fassungslos. Die Chorifeen wurden nachher (wegen Nichtbeachtens falscher Choreinsätze) entlassen, der Männerchor schloß sich an. Ohne jede Erklärung ans Publikum machte P.v.H. nach der Pause weiter. Einige ChoristInnen waren ins Publikum gewechselt und berichteten später von einer sehr komischen Oper.

Es war einmal ein Ochsenfrosch, der glaubte sich von der Muse geküßt und in ein Genie verwandelt. Das ist ein Märchen. In einem anderen Märchen wird der Frosch an die Wand geklatscht und verwandelt sich in einen Menschen. Die Chorifeen

PS: Die Kolumne „Gallenstein“ ist ein Geschenk an alle Gekränkten und Widerrednerinnen. Wer etwas zu beklagen hat, ist eingeladen, sich zu entäußern.

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