HDCement Hauptversammlung am 4.6.: Gegen schmutzige Geschäfte

Der Baustoff-Konzern ist einer der großen CO2-Produzenten weltweit. Menschenrechte spielen für das Unternehmen eine untergeordnete Rolle.

Gibt sich gern einen grünen Anstrich: Der Baustoffkonzern am Neckar Bild: dpa

Ein Gastbeitrag von PAULA ZAHL und LINE NIEDEGGEN

Man könnte die Firma Heidelbergcement zum Nummer-eins-Paradebeispiel dafür erklären, dass wir Klimagerechtigkeit und nicht nur Klimaschutz brauchen - auch wenn dieser Titel 2020 noch hart umkämpft ist.

Der öffentliche Druck der Klimaproteste hat bisher lediglich bis in die Marketing-Abteilung des Unternehmens gereicht „Echt. Stark. Grün.“ ist das Motto der Baustoffherstellers. Doch, wenn überhaupt, ist der Nachhaltigkeitsbericht des Konzerns grün-gewaschen oder grün-bestrahlt – wie auch der Neubau des Konzerns am Neckarufer in Heidelberg.

Dass dort einer der größten Baustoff- und damit CO2-Produzenten weltweit seine neue Firmenzentrale baut, ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Dass das Unternehmen neben einem grünen Logo nicht viel mit dem 1,5-Grad-Ziel und Klimagerechtigkeit anfangen kann, wird aber ziemlich schnell klar.

Seit Jahren protestieren Aktivist*innen für die Achtung der Menschenrechte in Abbauregionen, die von HDCement und Tochterfirmen ausgebeutet werden. Die #WhatIf-Studie zeigt, dass die Unternehmenspolitik von HDCement auf alle Unternehmen übertragen, eine Erhitzung unseres Planeten um bis zu zehn Grad verursachen würde.

Indonesien leidet schon unter dem Klimawandel

Die Zementindustrie ist für acht Prozent der weltweiten CO2 Emissionen verantwortlich. Das bedeutet viermal so viel wie Deutschland als Ganzes. Die Website des Betonriesens dagegen ist geschmückt mit Schlagwörtern wie Biodiversitätsmanagement, Nachhaltigkeitsentwicklung und Gemeinschaft. Offensichtlich hat HDCement ein rein wirtschaftliches Verständnis von Nachhaltigkeit.

Ohne 1,5-Grad-kompatiblen Plan wird nun zur virtuellen Hauptversammlung eingeladen. Die Tagesordnung behandelt die Auszahlung von Dividenden an die Aktionär*innen, die Entlastung des Vorstands. Es werden bereits „deutliche Fortschritte bei der Reduktion von CO2-Emissionen“ vorgestellt.

Wie können wir das durchgehen lassen, wenn alle Zahlen das Gegenteil sagen? Geld für Innovationen ist da, doch keine Transformation dahingehend, weniger Zement zu produzieren, vermehrt auf Recycling zu setzen, die Klimakrise anzuerkennen.

Beispielsweise Indonesien leidet schon heute unter den Auswirkungen der Klimakrise. Trotzdem plant Indocement, das indonesische Tochterunternehmen von HDCement, eine Zementfabrik am Kendeng-Karstgebirge. Unabhängige Wissenschaftler*innen sowie eine von Präsident Joko Widodo in Auftrag gegebene Umweltprüfung kommen zu dem Ergebnis, dass der Rohstoffabbau am Kendeng-Karst zu Dürren und Überschwemmungen führen könnte. Der lokalen Bevölkerung von überwiegend Landwirt*innen, würde die Lebensgrundlage entzogen.

Ist die Wirtschaft noch träger als die Politik?

Rechtliche Mittel sind aussichtslos und auf die Proteste, bei denen sich 2017 sogar fünfzig Menschen die Füße vor dem Gebäude des Großkonzerns einbetonierten, geht HDCement nicht ein. Eine Überprüfung des Falles führe zu keinem Ergebnis und man könne da nichts machen.

Dass man Einiges möglich machen kann, hat Fridays for Future längst gezeigt und politische Neustrukturierungen sind seit Corona zum Alltag geworden. Ist die Wirtschaft noch träger als die Politik? Unternehmen müssten doch viel flexibler sein, sie sind doch nicht von schwankenden Wahlergebnissen abhängig. „Es muss eben wirtschaftlich bleiben“, ist die wohl häufigste Antwort, die wir auf unsere Forderung nach Klimagerechtigkeit zu hören bekommen.

Bei international agierenden Unternehmen, wird die Argumentation immer komplexer. Es geht immer wieder um „bezahlbaren Wohnraum“, Arbeitsplätze oder die Frage nach Alternativen. Diese Debatten lenken nur vom eigentlichen Problem ab. Und wie so oft liegen die Alternativen längst vor.

Schritt eins zu einer klimagerechten Unternehmensführung wäre das Einbinden derer, die vom Raubbau betroffen sind. Schritt zwei wäre der Stopp aller Unternehmenspraktiken und das Einwirken auf Tochterunternehmen in Regionen, in denen die Auswirkungen der Handlungen auf Menschen und Natur unvorhersehbar oder zerstörerisch sind. Schritt drei wäre die Anpassung aller Entscheidungen an das 1,5-Grad-Ziel, alles andere ist das Wort „Nachhaltigkeitsbericht“ nicht wert.

Kompromisse zu Lasten von Menschenleben

Mit der Natur lässt sich auch 2020 nicht verhandeln. Kompromisse werden nicht zu Lasten des Klimas gemacht – das klingt so einfach – sondern zu Lasten von Menschenleben. Diese Diskussion findet am Donnerstag nur leider nicht bei der Hauptversammlung statt. Sie wird von uns vor der Türe ausgetragen.

Während der Vorstand über „1 Mrd € Cash-Einsparungen“ spricht, sprechen wir über die Milliardenprofite der Zementindustrie durch den europäischen Handel mit Emissionszertifikaten. Wir erlauben diese Debattenverschiebung nicht mehr. Klima- und menschenschädliche Unternehmen werden subventioniert, lassen Stellen wegrationalisieren und dürfen sagen, sie seien Teil der Lösung. Und wir sollen über „Wirtschaftlichkeit“ im Angesicht der größten sozialen, humanitären Katastrophe sprechen?

Ihr müsst Teil der Lösung werden, noch seid ihr das Problem.

Die Schülerin Paula Zahl (16) und die Studentin Line Niedeggen (23) engagieren sich bei Fridays for Future Heidelberg.