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■ Der Golfkrieg-Prozeß * Saddam Einübung in ein Tribunal, N3, Samstag, 20.15 Uhr

Eigentlich ist die Idee von Hans- Dietrich Genscher: Der deutsche Außenminister erhob Anfang des Jahres die Forderung, den irakischen Staatspräsidenten Saddam Hussein nach dem Vorbild des Nürnberger Prozesses, der am 30. September und 1. Oktober 1946 für internationales Aufsehen gesorgt hatte, vor einen internationalen Gerichtshof zu stellen. Warum hört man nichts mehr von dieser Idee?, wollte Autor Werner Hill wissen und setzte sich hin, um ein Drehbuch zu verfassen.

Für Saddam — Einführung in ein Tribunal sezierte er die Wortschwälle, die sich angesichts des Golfkriegs aus Politiker-, Journalisten- und Kleruskreisen auf seinem Schreibtisch aufgetürmt hatten. Aus der Fülle der Statements und Meinungen entstand ein Manuskript, das den militärischen Gefühlshaushalt, schlichte präsidiale Empfindungen à la Bush und Hans-Magnus Enzensberger reflektiert. Regisseur Horst Königstein hat Hills Drehvorlage in Szene gesetzt.

So fand das Medienereignis Golfkrieg seine Fortsetzung als Fernsehspiel. In zwanzig Szenen wurden Sachverständige gehört, es wurde erläutert, gewettert und resigniert. Auf den Fluren warteten Journalisten, und drinnen im Sitzungssaal berieten Vertreter der Europäischen Gemeinschaft das Für und das Wider eines Tribunals gegen Saddam Hussein, um zu keinem Ergebnis zu gelangen. Die Bürodiener spielten derweil „Trival Pursuit“ — das ist ein Würfelspiel — und stellten fest, daß Deutschland vormals nur ein halbes Prozent seines Erdölbedarfs aus Kuwait gedeckt hat.

Einspielungen aus Nachrichtensendungen und General Schwarzkopfs Video-Lehrstunden wechselten sich ab mit der geistvollen Strenge fiktiver politischer Beratungsgespräche. Während sich im inszenierten Teil die Protagonisten mit komplexen historischen und ökonomischen Begrifflichkeiten ihrem Thema näherten, fanden George Bush und General Schwarzkopf einfache Worte.

Eine Bestandsaufnahme erhielt so langsam ihre Form, die unter strengen formalen Vorgaben als ein beinahe mathematisches Gefüge, die Wirklichkeit des Golfkrieges als eine politische Notwendigkeit und mangelndes Völkerrechtsdenken um so stärker hervortreten ließ.

„Tja, das wird wohl nix mit dem Tribunal“, stellten die Bürodiener zu guter Letzt fest, während Ulrich Mattschoß in der Rolle des deutschen Außenministers den Journalisten noch ein paar gezielte Allgemeingültigkeiten zuwarf. Christa Thelen