piwik no script img

Geht Focke-Museum unter die Erde?

■ Umbaupläne öffentlich vorgestellt / Standort Innenstadt scheint gestorben

Hierhin Modell 1

Abgelehnt: Verschluckter Altbau

Das Focke-Museum an der Schwachhauser Heerstraße muß saniert werden. In den preisgekrönten Bau (Architektenpreis 1974), 1964 nach den Plänen des Darmstädter Architekten Heinrich Bartmann fertiggestellt, fällt zu viel Sonnenlicht. Gleichzeitig führen die ausgedehnten Glasfassaden zu großen Wärmeverlusten. Es gilt, weitere Schäden an wertvollen Beständen zu vermeiden. Außerdem fehlt Ausstellungsraum, um die in den Magazinen gesammelten Schätze zeigen zu können und so die Attraktivität des Museums zu erhöhen.

Der neue Museumsdirektor Jörn Christiansen trat vor einigen Monaten sein Amt unter der Voraussetzung an, daß die Ausstellungsfläche des Museums erweitert wird. Der Senator für das Bauwesen gab den Architekten Peter Schnorrenberger aus Bremen und Joachim Schürmann aus Köln den Auftrag, Sanierungs- und Erweiterungsentwürfe für das Museum vorzulegen. Die Erteilung eines Auftrages bekam dann im behördlichen Wortschatz den klingenden Namen „Wettbewerb“. Am vergangenen Mittwoch entschied nun eine Jury aus „Fachpreisrichtern“ und „Sachpreisrichtern“ über die beiden Vorschläge. Aus fachlicher Sicht jurierten die Architekten von Altenstadt, Striffler und Schomers,

für den Bausenat Staatsrat Osthaus. Sachpreisrichter, d.h. die von der Architektur Betroffenen, waren Staatsrat Reinhard Hoffmann, Museumsdirektor Jörn Christiansen und Dr. Löhr vom Focke-Museum.

Einstimmig entschieden sich die Jurys für den Entwurf des Kölner Architekten Schürmann. Sein Entwurf sieht neben der Sanierung eine unterirdische Erweiterung des Museums vor, die die derzeitige Fläche mehr als verdreifacht. Durch das Abtauchen in die Erde soll der aus denkmalpflegerischen Gründen erhaltenswerte — Bau, der sich nach Meinung der Juroren vorbildlich ins Vorstadtgrün einschmiegt, nichts von seiner optischen Wirkung verlieren. Ein Raum von etwa 800 Quadratmetern ist für wechselnde Ausstellungen geplant. Die Erweiterung schafft auch die Möglichkeit die bisher aus Platzgründen völlig unterrepräsentierten Exponate der Industriegeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts aus dem Schummerlicht der Magazine hervorzuholen. In der jetztigen Schiffahrtsabteilung ist ein Cafe geplant.

Einmütige Begeisterung herrschte gestern im Focke-Museum, als Senator Henning Scherf, Direktor Christiansen und Fachpreisrichter von Altenstadt die beiden Entwürfe der Öf

Hierhin Modell 2

mit den Bogenlampen

Favorisiert: Die TiefbaulösungFotos: F.H.

fentlichkeit vorstellten. Niemand vermochte jedoch zu sagen, wieviel der Sanierungsumbau kosten werde. Allerdings hieß es bereits, daß es Abstriche am Entwurf geben müsse, da zum Beispiel die Beleuchtungstechnik, die Schürmann vorsieht, für zu aufwendig gehalten wird.

Unter den Tisch fielen Überlegungen, daß ein Stadtmuseum in die Innenstadt gehört, wie sie z.B. der Architekturprofessor Dieter Quiram vertritt. Auch innerhalb der Kulturbehörde ist der jetztige Standort umstritten. Ein Mitarbeiter: „In der Behörde rechnet man das Museum schon zum danebenliegenden Altenheim.“

Architekt von Altenstadt begegnete der Frage nach einem anderen Standort für das Museum mit seiner persönlichen Erfahrung, wie schnell er vom Bahnhof nach Schwachhausen gekommen sei. Zudem wolle man Bartmanns Idee treu bleiben, den Erholungswert eines Museums in einer grünen Parkanlage zu betonen. Doch auch Bartmann hatte mit seinem Bau schon 1964 aus der Not eine Tugend gemacht, denn vor dem Krieg befand sich das Focke-Museum noch im Stephaniviertel an der Weser.

Senator Scherf hatte sich im

Vorfeld für eine baldige Sanierung und Erweiterung eingesetzt. Alle Zeichen scheinen zwar

schon auf Umbau zu stehen: Da am Wahltag die politischen Karten aber völlig neu gemischt wurden, wird die öffentliche Debatte darum, was mit dem Bremer Museum für Stadtgeschichte geschehen soll, womöglich noch einmal aufleben: eine Debatte um den letzten großen Museumsausbau, —umbau oder —neubau in diesem Jahrtausend in Bremen. Juan

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen