: Vom Nachttisch geräumt: Lager
Seit dem Zusammenbruch der DDR wird von Leuten, die es besser wissen, an der Legende gearbeitet vom herrlichen Anfang und dem schlimmen Ende des ersten Arbeiter-und- Bauernstaates auf deutschem Boden. Am Anfang standen die Ideale, so schreiben die unterschiedlichsten Autoren, am Ende die Kapitulation der Utopie vor der Wirklichkeit des Mammon. Das ist gelogen. Am Anfang der Geschichte der DDR standen Lager, am Ende der Intershop. Auch der größte Gegner des Konsumterrors wird diesen dem puren vorziehen.
Jan von Flocken und Michael Klonovsky haben einen ersten Versuch unternommen, Stalins Lager in Deutschland 1945-1950 zu beschreiben. Zeitzeugen und eigene Recherchen. Ursprünglich im 'Morgen‘ erschienen, jener Tageszeitung, die, kaum war sie gut, von ihrem neuen Besitzer, dem Springer-Konzern, eingestellt wurde, liegen die Berichte jetzt — erweitert — als Buch vor. Oft holprig formuliert, aber dadurch fast noch erschütternder. Die Lobpreiser der schönen Nachkriegsjahre könnten hier nachlesen, was sich vor ihren — im anständigsten Fall — geschlossenen Augen abspielte: „Das Unrechtssystem verselbständigte sich so sehr, daß sich sogar Widerstandskämpfer gegen die Nazi-Diktatur unversehens in sowjetischen Lagern wiederfanden. Zu ihnen gehörten Männer des 20. Juli 1944 wie Justus Delbrück und Ulrich Freiherr von Sell, die in Jamlitz starben. Horst von Einsiedel, Angehöriger des „Kreisauer Kreises“, kam 1946 in Sachsenhausen ums Leben. Herzog Joachim Ernst von Anhalt, den die Nazis im KZ Dachau gefangenhielten, starb 1947 im NKWD-Lager Buchenwald. Selbst Kommunisten, die sich unter ihrem Gesellschaftsideal etwas anderes vorgestellt hatten als das, was die Sowjets und ihre deutschen Helfershelfer praktizierten oder zumindest stillschweigend duldeten, gehörten zu den Lagerhäftlingen.“
Jan von Flocken und Michael Klonovsky: Stalins Lager in Deutschland 1945-1950 . Ullstein, 38 DM.
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