: Uni: Mit Aufklebern gegen Asbest
■ Das Asbest-Problem im „GW II“ hat die Uni mit kleinen Schildchen gelöst
„Vorsicht, bei Arbeiten an diesem Bauteil: Enthält Asbest.“ In vielen Gängen des Uni-Gebäudes GW II hängen in drei Meter Höhe solche Aufkleber, acht Zentimer groß und fast übersehbar, mit dem kleinem „a“ und diesem Satz. StundentInnen gehen darunter achtlos vorbei, selbst Hochschullehrer, die ihre Büro-Tür direkt neben solchen Zetteln mehrfach in der Woche öffnen und schließen, haben die Zettel manchmal noch nicht bemerkt. Die Universität hat ihr Asbest-Problem in aller Stille durch ein paar Pinselstriche gelöst, das den giftigen Stoff „versiegeln“ soll. Eigentlich müßte man die Brandschutzwände rausreißen. Aber ob das irgendwann mal passiert? Immerhin ist das GW II das Gebäude, in dem 6 Prozent des Lehrbetriebes stattfinden, und das ist nun einmal nicht wegen Asbest-Sanierung zu schließen. Die Studierenden der Geistes- und Sozialwissenschaftler nehmen den Zustand offenbar hin, die Leidtragenden sind vor allem die nichtwissenschaftlichen MitarbeiterInnen, die ihre gesamte Arbeitszeit in den geschlossenen Räumen verbringen müssen.
Auch die neueren Formaldehyd-Messungen im GW II werden mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit hingenommen. Auf der ersten Etage arbeitet der Chemie-Professor Milnera. Er ist meist 12 Stunden am Tag in der Uni. Daß die Raumluft schlecht ist, „spüre ich“, sag er. Wenn er seine Tür fester zuschlägt, rieselt es aus den Wandplatten heraus. Milnera weiß nichts von den Formaldehyd-Messungen im GW II. Er glaubte bisher, die Spanplatten-Wände aus den 70er Jahren seien längst ausgegast.
Ironie der Geschichte: Formaldehyd-Messungen an Stoffen sind Milneras Fachgebiet. Auf die Idee, in der Raumluft zu messen, ist er nicht gekommen. „A 1200“ ist das Zimmer nebenan, hier arbeitet Prof. Meinken. Die Stichproben-Messung in ihrem Raum ergab eine Formaldehyd-Konzentration dicht über dem zulässigen Höchstwert: 0,14 ppm. „Diese Gänge sind unlüftbar“, sagt Milnera zu der offiziellen Empfehlung, gegen die Giftstoffe zu lüften. Zahllose Universitätsräume haben kein Fenster, die langen Gänge mit den Asbest- Schildchen natürlich auch nicht.
100 Prozent über den zulässigen Höchstwerten liegt auch Zimmer „A 2200“. Hier arbeitet Prof. Leibfried, Nichtraucher. Formaldehyd-Konzentration: 0,24 ppm. Anmerkung im Meßprotokoll: „Viele Bücher. War lange nicht da.“ K.W.
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