Kromschröder bleibt beim 'Stern‘

■ Hamburger Arbeitsgericht erklärt die Kündigung des Reporters für unwirksam

Hamburg (taz) — Gerhard Kromschröder, der renommierte Nahost- Korrespondent der Illustrierten 'Stern‘, kam nach seiner fristlosen Kündigung von Ägypten nach Hamburg, klagte und siegte. Das dortige Arbeitsgericht erklärte den Rausschmiß des zuletzt als Golfkrieg-Berichterstatter tätigen Kromschröder am vergangenen Donnerstag für unwirksam.

Die vom 'Stern‘ vorgebrachten Kündigungsgründe seien allesamt ohne Substanz, so die Begründung für das Urteil. Gerhard Kromschröder waren unter anderem Unregelmäßigkeiten bei Spesenabrechnungen angekreidet worden. Während seines Einsatzes im Golfkrieg habe er beispielsweise für 42.000 Mark Taxikosten verursacht. Nach Auskunft von Kromschröders Anwalt Matthias Prinz hielt das Gericht die Ausgaben nicht für übertrieben, da die Taxitouren zwischen Bagdad und Amman unternommen wurden und sich die Fahrer die Lebensgefahr teuer bezahlen ließen. Ebenfalls im Rahmen des Vertretbaren bewegten sich die knapp 10.000 Mark, die Kromschröder zur Bewirtung seiner InformantInnen veräußert hatte.

Auch die Aussage des von der Hamburger 'Stern‘-Redaktion entsandten Fotografen Jay Ullal, Kromschröder habe verhindert, daß er ein Visum vom Irak erhielt, überzeugte die Juristen nicht von der Unfähigkeit des unsanft Hinausbeförderten.

Das Urteil ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die schon vor Prozeßbeginn vermuteten, daß Gerhard Kromschröder unter einem Vorwand aus der Redaktion entfernt werden soll. Politisch passe der Journalist nicht mehr ins Konzept der Illustrierten, die sich in Richtung Boulevard-Stil entwickele, munkeln KollegInnen.

Ob der 'Stern‘ gegen die Entscheidung des Hamburger Amtsgerichts vorgehen wird, ist derzeit unklar. Erst mal müsse die Urteilsbegründung geprüft werden, hieß es im Büro des Chefredakteurs Rolf Schmidt-Holtz. Das Arbeitsverhältnis von Gerhard Kromschröder besteht zunächst einmal fort. Zur Zeit soll er bereits wieder in Kairo sein, um den 'Stern‘ unverdrossen mit Stories aus dem Nahen Osten zu beliefern. Nach Erfahrung der Journalisten-Gerwerkschaft IG Medien, die Gerhard Kromschröder während des Prozesses unterstützt hatte, enden solche Konflikte häufig mit einer Abfindung für den Geschaßten. Sigrun Nickel