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Südafrika: Bergarbeiter schlachten sich ab

 ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Mehr als 50 Bergarbeiter sind am Wochenende bei Kämpfen auf der Goldmine „President Steyn“ bei Welkom, 200 Kilometer südlich von Johannesburg, ums Leben gekommen. Die Kämpfe brachen erstmals vor zehn Tagen am Vorabend eines Generalstreiks aus. Seitdem wurden dort über 70 Menschen getötet, Hunderte verletzt.

25 Arbeiter wurden offenbar in der Nacht zum Samstag in ihren Betten ermordet. Die Polizei stellte dies als Rache für den Tod von 15 Arbeitern am Vorabend des Generalstreiks dar. Ein Anglo-Sprecher beschrieb das allerdings als „Spekulation“. In der Nacht zum Montag starben erneut über 20 Menschen.

Die Bergarbeitergewerkschaft NUM, der viele der Arbeiter angehören, und der Bergbaukonzern „Anglo American Corporation“ (Anglo) streiten sich über die genauen Ursachen des Blutvergießens, das jetzt von einer richterlichen Kommission untersucht wird. Die Kommission wurde im Oktober nach einem Friedensabkommen zwischen fast allen politischen Parteien Südafrikas eingesetzt.

Angeblich um die Untersuchung nicht zu beeinträchtigen, verweigert Anglo Journalisten den Zugang zur Mine und zu den Konzernkliniken, in denen die Verwundeten behandelt werden. Unklarheit besteht auch über die genaue Zahl der Opfer: Polizei und Konzern machen weit divergierende Angaben.

Bei den Bergarbeitern handelt es sich sämtlich um Wanderarbeiter, die ihre Familien im Nachbarland Lesotho und dem Xhosa-Reservat Transkei zurücklassen mußten. Im Bergwerk lebten sie früher zu Zehntausenden auf engstem Raum in großen, nach Stämmen getrennten Wohnheimen. Das hat in der Vergangenheit immer wieder zu blutigen Stammeskämpfen geführt. Die NUM hat aber seit Anfang der achtziger Jahre erfolgreich darauf gedrängt, die Stammesunterschiede zu überwinden. Die Einteilung in Stämme innerhalb der Wohnheime wurde daraufhin aufgehoben.

Dennoch gibt NUM-Sprecher Patrick Hamnca zu, daß jetzt Sothos gegen Xhosas kämpfen, mit NUM- Mitgliedern auf beiden Seiten. „Es gibt so viele Aspekte dabei, daß man sich einfach in Ruhe hinsetzen muß, um die genaue Ursache festzustellen“, sagte Hamnca gestern.

Der NUM zufolge kam es zu den ursprünglichen Kämpfen, nachdem der Konzern eine Gewerkschaftsversammlung zur Besprechung des Generalstreiks zugelassen habe. Danach habe die Konzernleitung allerdings in einer Mitteilung gewarnt, daß streikende Arbeiter verhaftet werden würden. Das habe zu Verwirrung und Kämpfen geführt. Anglo bestreitet diese Version und behauptet, streikende Arbeiter hätten arbeitswillige Kollegen angegriffen.

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