: Früher bloß schwarze Konkurrenz
■ „Black Music Congess“: 15 Schwarze machen Musik / taz-Gespräch mit Bandleader Jean Cameron
Gruppe
Schwarzer
Musiker
Im Probenraum: Drei Fünftel von „Black Music Congress“, ganz links Bandgründer Jean Cameron
taz: „Black Music Congress“ — wer seid Ihr?
Jean Cameron: Unsere Band gibt es seit Anfang Dezember '90. Ich habe Black Music Congress gegründet, mit dem Ziel, einen Pool zu schaffen, eine Agentur. Wir sind ungefähr 15 schwarze Musiker. Daraus ergibt sich eine interesante Mischung der Musik, Elemente von Afro-Beat, Rock, Rap, Hip Hop, Reggae, Soul... Früher sind wir schwarzen Musiker uns hier in Bremen aus dem Weg gegangen, wir haben uns als Konkurrenz gesehen, jetzt versuche
ich, Schwarze zusammenzubringen.
Waren die anderen Musiker gleich begeistert?
Erst mußte man die Konkurrenz abbauen. Das ging: Jeder Musiker kann die Musik machen, die er möchte, jeder hat zwei, drei Stücke mitgebracht, wir haben die eingeübt, da war die Spannung schon weg.
Sind Frauen dabei?
Bis jetzt nicht. Wir suchen Frauen, wir sind offen für alle schwarzen Künstler.
Spielt Ihr alle gleichzeitig?
Wir haben ein Programm von rund 15 Stücken, und beim Konzert afrikanischer Musik z. B. stehen dann die Afrikaner auf der Bühne, und wenn sie ferig sind, kommen die Amerikaner usw.
Ist es nicht kompliziert bzw. teuer für die Veranstalter, 15 Leute zu verpflichten? Seid Ihr teuer? Wie rechnet Ihr ab?
Wir treten auch in kleineren Gruppen auf. Wenn ein Veranstalter einen afrikanischen Abend machen will, besprechen wir das in der Band und können eine kleinere Gruppe anbieten, eben als Pool.
Wie regelt der Pool die Geldfrage? Gibt es Krach?
Ich bin der Bandleader, und wenn wir ein Konzert haben, dann reden wir vorher gemeinsam, wie wir das Geld verteilen. Wenn einer eine Gitarre braucht, kriegt er sie zum Beispiel, wir wollen uns gegenseitig helfen. Viele Schwarze in Bremen verkaufen Drogen, weil sie Geld brauchen! Einer von uns ist neu, hat keine Wohnung, dem helfen wir auch. Die Musiker können nebenbei sowieso machen, was sie wollen. Wenn jetzt einer mit einem Vertrag kommt, dann können wir ihn beraten nach unsrerer Erfahrung, und zumindest übersetzen.
Ihr macht ein Musik-Angebot...
Wir haben alles, was eine Band sich wünschen kann: Musiker, Tänzer, Sänger, alles... Viele Schwarze haben feeling für Musik, aber es scheitert bei manchen am Geld für Instrumente. Manche geraten auch an die falschen Leute, unterschreiben irgendwas...
Wie reagieren die Veranstalter auf Black Music Congress?
Positiv. Nur: In Bremen kann man ganz wenig machen. Es gibt viele kleine und wenig große Bühnen. Wir werden auch unterstützt worden vom Musikgeschäft Sound-Center in Woltmershausen, die haben uns gratis Instrumente geliehen, wir haben einen Proberaum, der uns von der CDG (Carl Duisberg Gesellschaft) gestellt wurde, am Brill, da können wir uns zweimal die Woche treffen und auch reden: Es geht nicht nur um um Musikmachen, auch um persönliche Probleme.
Als wir die taz-Sonderausgabe mit AusländerInnen gemacht haben, haben die uns erzählt: In den Discotheken stehen oft die Deutschen rum und können Hip Hop ganz schlecht tanzen. Die erleben eine Niederlage mit ihrem Köper.
Ja, also Weiße und Schwarze haben feeling für Musik. Nur wachsen die schwarzen teilweise mit Musik auf. In Afrika oder der Karibik oder Amerika, da ist die Musik die Hoffnung, und durch die Musik kann man frei sein. Deswegen vielleicht sind die Schwarzen beweglicher, aber Weiße können auch tanzen.
Schwarze Ausländer haben es im Moment besonders schwer, wegen der Drogen-Dealerei.
Ja. Das ist schlimm geworden. Aber Schuld haben auch die Schwarzen, die einfach auf die Straße gehen und Drogen verkaufen. Die Leute komen her und dürfen nicht arbeiten, wissen nicht, ob sie Asyl bekommen. Da sagen sie sich: Bevor ich abgeschoben werde, will ich wenigstens ein bißchen Geld verdienen. Das ist schlimm, so unüberlegt.
Sind Asylbewerber in Eurer Gruppe?
Wir haben amerikanische GI's aus Garlstedt, Amerikaner, die hier leben, Leute aus der Karibik, die hergekommen sind, um Musik zu machen, auch aus Afrika, auch Asylbewerber. Wir sind aus 10 Nationen. Das ist das Konzept, daß die Schwarzen erstmal lernen, zusammenzukommen. Wir versuchen, uns zu helfen: daß andere, die besser singen oder spielen, Tips geben, auch wie man aufritt...
Dann ist Black Music Congress viel mehr als eine Band: eine politische Aktion. Bekommt Ihr Geld, zum Beispiel von der Ausländer- Zentralstelle?
Ich bin Bandleader, ich weiß davon nichts. Wenn wir so einen Sponsor hättten, das wäre gut. Wir wären auch bereit, die Hälfte der Gage abzugeben an Leute, die das brauchen. Wenn ich das Geld aufteile und merke, in diesem Monat ist einer knapp, er kann die Miete nicht bezahlen, dann geb ich meine Gage weg, oder wir sammeln für ihn... Wir wollen nicht nur Geld! Geld! verdienen.
Viele kommen und kriegen einen richtigen Kulturschock. Die kommen aus der Karibik und sind gut drauf und merken, daß sie hier gar nicht gewollt sind...
Sprecht Ihr deutsch miteinander?
Wir sprechen englisch, französisch, deutsch und noch spanisch. GI's können nur englisch, die Afrikaner meistens französisch. Auf gemeinsamen Proben läuft alles auf englisch. Fragen: S.P.
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