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Neu im City 1

■ Tod im Spiegel

Ein Auto schlingert zu nächtlicher Stunde auf einer Küstenstraße immer hart am Abgrund entlang. Nebelschwaden verschleiern die Sicht, und die Fahrt wird immer rasanter. Das Fahrzeug durchbricht die Mauer am Fahrbahnrand. Steine, blutbefleckte Scherben und Wrackteile stieben in Zeitlupe auseinander. Eine Person wird aus dem Wagen geschleudert, die zweite stürzt schwer verletzt mit dem Blechhaufen in die Tiefe. Alles in Nahaufnahme und ultra-realistisch. Der Regisseur kombiniert Bilder des gräßlichen Unfalls mit ebenso entsetzlichen Details einer gesichts-plastischen Operation. Schließlich muß der entstellte Mann neu modelliert werden.

Regisseur ist Wolfgang Petersen, weltweit bekannter Norddeutscher, der Michael Endes Eine unendliche Geschichte verfilmte, Das Boot von Buchheim und davor den „Tatort“ Reifezeugnis. Nun arbeitet er dollarschwer in den USA (allerdings noch nicht in Hollywood, sondern in Oregon) mit allen Problemen, die das mit sich bringt — Ärger mit Produktionsfirmen, Geldgebern und Besserwissern. Herr Petersen hat sich durchgeschlagen, aber ganz unverletzt hat sein Film Tod im Spiegel dieses Hick-Hack nicht überstanden. Petersen wollte nämlich einen Thriller drehen, und das ist für Amerikaner immer eine klare Angelegenheit. Meistens braucht es eine Frau (Greta Scacchi) und einen Mann (Tom Berenger), der Liebe wegen. Dazu ein Problem (der Mann verlor sein Gedächtnis) und daraus folgende Konsequenzen. Der Mann muß nämlich feststellen, daß weder er noch seine (aber schlecht gespielte) Ehefrau es mit der Treue vor dem Unfall nicht sehr ernst nahmen. Und da ein ambitionierter Film nicht ohne Handlungs-Nebenstränge auskommt, darf ein brilliant agierender Schmuddel-Detektiv (der Brite Bob Hoskins) eine ökologische Schweinerei aufdecken — und einiges mehr...

Ein spezifischer Petersen-Film ist Shattered (Originaltitel) nicht geworden, dazu muß der Regisseur zuviel mit verbalen Andeutungen und dem „unbekannten Dritten“ arbeiten. Ein Laberkrimi ist eben nur bedingt spannend.

Jürgen Francke

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