Von der Opposition auf die Senatsbank

■ Ralf Fücks, Claus Jäger, Helga Trüpel, Friedrich van Nispen — Je zwei SenatorInnen für Grüne und FDP

Abgekämpft und müde präsentierten sie sich gestern morgen der Presse, die „neuen“ Gesichter, die Bremen regieren wollen. „Was fehlt“, gestand Ralf Fücks, „ist das Gefühl der politischen Gemeinsamkeit“. In 160 Stunden Verhandlungen hatten sich die Koalitionäre unter das Joch der drückenden finanzpolitischen Rahmenbedingungen begeben und einander vor allem als „Konfliktparteien“ kennengelernt (vgl. Bericht Seite 4).

Noch zwei Tage vor der Wahl hatte Helga Trüpel einem taz- Streitgespräch mit Claus Jäger nur unter der Bedingung zugestimmt, daß sie im ersten Satz sagen dürfe, das Gespräch habe rein gar nichts mit konkreten politischen Konstellationen zu tun.

Nun werden die beiden im Senat kollegial zusammen regieren müssen. Die 1958 in Moers geborene Literaturwissenschaftlerin war gleich nach ihrer Doktorarbeit (über „Undine“, die Wasserfraue, Symbolgestalt für das Verhältnis von Natur und männerlicher Vernunftherrschaft) in die hauptamtliche Politik eingestiegen. Seit 1987 ist sie Abgeordnete in der bremischen Bürgerschaft. Im neuen Amt will sie sich für eine „demokratische und kulturelle Erneuerung in der Stadt“ einsetzen. Die Projekte aus der Sozial-, Gesundheits- und Frauenszene müßten abgesichert werden, verlangte sie. Dies sei „ein entscheidender Punkt“ für die Grünen. Für den kulturellen Bereich im engeren Sinne wird sie nicht die geforderten 15 Millionen mehr haben, sondern nur 1,5 Millionen mehr pro Jahr. Aber „für ein tolerantes Klima kämpfen“, wie sie es sich vorgenommen hat, muß ja nicht immer nur eine Geldfrage sein.

Auch Claus Jäger, Bremen- Norder, kriegsbedingt 1943 in Schaumburg geboren, ist gleich nach dem juristischen Staatsexamen in die Politik gegangen, mit dem Beginn der sozialliberalen Ära Brandt ist er 1969 FDP-Mitglied geworden. „In den Grundzügen ist die Wirtschaftspolitik in Ordnung“, war FDP-Position auch unter der absoluten SPD- Mehrheit. Jäger setzt im Wirtschafts-Ressort auf Kontinuität.

FDP-Kollege Friedrich van Nispen, 1940 in Braunschweig geboren, ist ebenfalls Jurist. Als Sozialdemokrat war er nach 1973 Leiter des Ministerbüros des Hannoveraner Sozialministers, seit 1976 Hauptabteilungsleiter beim Senator für Gesundheit und Umweltschutz in Bremen.

Enttäuscht von der SPD trat van Nispen Mitte der 80er Jahre zur FDP über und arbeitete sich auf Platz zwei vor. Von seiner sozialdemokratischen Vergangenheit blieb vor allem eine intime Kenntnis der SPD-internen Mechanismen. Als Verwaltungsfachmann setzt er im Innenressort vor allem auf Rechtsstaatlichkeit und Qualifikation.

Die deutlichste Veränderung durch die Koalitionspartner wird der Umweltsenator Ralf Fücks (40) zu verantworten haben. Im Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) lernte er das politische Handwerk, bei den Grünen begann er als scharfer Kritiker der Realos. In der bremischen Wirtschaftspolitik machte er mit dem Vorschlag von sich reden, das kleine Bundesland solle sich wie ein Dritte-Welt-Land einfach weigern, den Banken die Zinsen zu bezahlen. Inzwischen schreckt er seine Partei mit der Äußerung, es müsse „mit einem Skalpell“ gespart werden.

Als Senator für Umweltschutz, Energie, Stadtentwicklung und Bauplanung kann er darangehen, seine Vorstellungen von der flächensparenden Stadtentwicklung und von der „Stadt am Fluß“ umzusetzen.

Das Frauen-Ressort, eigentlich grünes Profilierungsthema, wollte die Grüne Helga Trüpel nicht. Ohne Finanzausstattung und ohne das Arbeitsressort — das wollte der DGB partout in Genossenhand sehen — wird es wenig ausrichten. „Nicht gerade zu den Glanzpunkten“ der Koalitionsverhandlungen gehöre das Frauenthema, räumte Helga Trüpel ein. Mit der „Mini-Variante“, die jetzt herauskommt, wollte sich die Grüne nicht blamieren. K.W.