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UB-Ost rechnet mit Proporz ab

■ SPD-Unterbezirk bestrafte „Quotenmann“ Beckmeyer und Sabine Uhl per Stimmzettel

Dem Sturm im SPD-Unterbezirk Bremen-West folgte am Donnerstag abend die disziplinierte Debatte im Bremer Osten. Eine Disziplin, die aus der Einsicht in die Ampel-Notwendigkeit folgte. Der Delegierte Hans-Gerd Hofschen brachte die Stimmung der ehemals rot-grün Befürworter auf den Punkt: „Wir sind in einer kuriosen Situation. Die Genossen im Westen, die Wedemeier früher standing ovations gegeben haben, strafen ihn jetzt ab. Ich bin kein Freund von Wedemeier. Aber wir, die wir die Ampel nicht wollten, müssen jetzt Schlimmeres verhüten. Genossen: Es geht nicht anders.“

Und so wurde dann nach eineinhalb Stunden nüchterner Debatte das Ampelprogramm mit überwältigender Mehrheit gebilligt, auch wenn einzelne Delegierte besonders an den Beschlüssen zur Schulpolitik heftige Kritik anzumelden hatten.

Munterer wurde es, als es um die SPD-Personalien ging. Der Vorstand hatte einen Beschluß gefaßt, der den Delegierten lediglich zur Kenntnis gegeben werden sollte. Den Tenor gab die UB- Vorsitzende Tine Wischer vor: „Diese Senatsbildung gehört nicht zu den Sternstunden der SPD.“ Aber um nicht zusätzliches Porzellan zu zerschlagen, sollten die GenossInnen lediglich ihre Zustimmung zu den drei UB- Ost KandidatInnen Wedemeier, Lemke-Schulte und Kröning geben. Eine Abstimmung über den Rest der Liste war nicht vorgesehen. Hintergedanke der Strategie: Wenn nach dem UB-West nun auch der UB-Ost noch einzelne KandidatInnen per Stimmzettel abstrafen würde, dann könnte es auf dem Parteitag zu unkalkulierbaren Koalitionen gegen jeden der KandidatInnen kommen. Motto: Schlagt ihr unsere Uhl aus Bremen-Nord, dann prügelen wir Euren Kröning. Und was würde dann mit Scherf, der nach dem Abstimmungsdebakel in seinem Bremer Westen nun ohne politische Heimat dasteht?

Doch die Delegierten mochten sich nicht entmündigen lassen. Zu groß war der Unmut darüber, daß keine neue Senatorin aus Bremen im Senat ist. Zu groß war der Zorn, daß der Reginalproporz der Unterbezirke sich wieder durchgesetzt hatte, obwohl er gerade vom letzten SPD-Landesparteitag abgelehnt worden war. Besonders gegen Uwe Beckmeyer und Sabine Uhl wurde heftig polemisiert. „Quotenmann aus Bremerhaven“, fluchte eine Delegierte und der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Manfred Fluß kritiserte: „Wedemeier hätte in Bremerhaven den Verusch machen sollen, zu sagen: 'Wenn ihr niemand anderes habt, dann eben nicht.“ Und der Hemelinger SPD-Beiratssprecher Kurt Schuster meinte: „Da wird Sabine Uhl das Sozialressort weggenommen, weil man offensichtlich der Meinung ist, daß die Genossin Gaertner besser ist. Aber warum ist Uhl dann wieder da?“

Und so geriet die geheime Abstimmung über die SPD-Liste zu einer Abrechnung mit dem Proporz. Beckmeyer (50 Ja / 123 Nein) und Uhl (51/123) erhielten gerade mal ein Viertel der Delegiertenstimmen. Henning Scherf (135/43) und Neuzugang Irmgard Gaertner (138/39), die für ihre Antrittsrede freundlichen Applaus erhielt, bekamen eine solide Mehrheit. Und die drei KandidatInnen (Wedemeier, Kröning und Lemke-Schulte) aus dem Osten konnten mit jeweils 151 Ja-Stimmen gar eine 3/4-Mehrheit für sich verbuchen.

Weitere Kandidaturen wurden nicht angekündigt. „Nur im Bremer Osten gibt es senatorable Frauen“, beschrieb eine Delegierte das Dilemma einer Proporzpartei. Die denkbaren KandidatInnen aber bleiben stumm. Elke Steinhöfel, die öffentlich angekündigt hatte, über eine Kandidatur nachzudenken, verbrachte den ganzen Abend schweigend auf ihrem Stuhl. hbk

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