: Siebzehn Nationen unter‘m Weihnachtsbaum
■ Schöneberger Geschäfte und Kneipen organisieren für ein Asylbewerberwohnheim im Kiez eine Weihnachtsfeier/ Gastwirte und Läden spenden Getränke/ Boutiquen stiften Geld und Geschenke/ Sogar die bösen Nachbarn werden eingeladen
Schöneberg. Fast alle Geschäfte und Kneipen auf der »Potsdamer Meile« von der Winterfeld- bis zur Bülowstraße wollen ein Weihnachtsfest für das Aylbewerberheim in der Bülowstraße organisieren. Auf die Idee der Feier für das Wohnheim seien sie beim Zeitunglesen gekommen, berichtet die Schmuckhändlerin Renate Klysch, eine der beiden Initiatorinnen. »Wir wollten damit auf privater Basis ein Zeichen gegen Ausländerfeindlichkeit setzen.« Nachdem sie im Freundeskreis Geld und Ideen gesammelt hatten, weiteten sie die Initiative auf die Läden und Kneipen im Kiez aus. Seit zwei Wochen wetzen sich Renate Klysch und Sabine Jankowski die Fußsohlen ab, um SponsorInnen aufzutreiben.
Mit Erfolg, denn mittlerweile beteiligen sich etwa 25 Privatpersonen und 25 Unternehmen an dem Projekt. Das Café »Strada« beispielsweise wird mit einem italienischen Lebensmittelladen die Getränke bereitstellen. Das »Orpheuo« und die »Miß Soho« spendeten Geld, die Firma Meiser stiftete 31 Puppen und das »Quartier« soll die Wohnheimband mit einer Musikanlage versorgen. Auch Unternehmen aus anderen Stadtteilen sind dabei, wie die »Boutique Emma« in Spandau. »Wolf Bauer von den Ufa-Filmstudios hat uns sogar aus New York Geld geschickt«, erzählt Klysch.
Das DRK-Wohnheim in der Bülowstraße ist von ihrem Schmuckladen zu Fuß erreichbar. Hier wohnen 140 Menschen aus 16 Ländern, davon 40 Kinder. »Vor allem für die Kinder wollten wir etwas tun. Sie bekommen auch Geschenke, Malsachen zum Beispiel oder Dreiräder und Rollschuhe«, sagt Dagmar Seeböck, die ebenfalls an der Organisation beteiligt ist. Es sei aber inzwischen soviel Geld zusammengekommen, daß auch die Erwachsenen an dem Fest teilnehmen können.
Die Weihnachtsfeier soll am Nachmittag des 20. Dezember stattfinden. Die Bewohner des Heims wollen ein kaltes Buffet mit 16 Nationalgerichten ausrichten, die afrikanische Band wird für die Musik sorgen. Auch der Auftritt eines Zauberers ist geplant, vielleicht können auch noch andere Künstler gewonnen werden. Alle, die etwas beitragen wollen, sind eingeladen. Sogar die Nachbarn, die die Kinder aus dem Wohnheim schon mit fauligem Obst beworfen haben, weil sie sich angeblich durch den Lärm belästigt fühlten. Es soll aber nicht bei dieser Feier bleiben. »Im nächsten Jahr wollen wir die Kinder öfters in kleinen Gruppen oder einzeln ins Kindertheater oder ins Kinderkino einladen«, sagt Renate Klysch. Ihre große Hoffnung ist, daß die Aktion der Beginn einer neuen Nachbarschafts-Kultur sein wird. Denn eines steht für Renate Klysch fest: »Viele wollen etwas tun, wissen aber aber nicht, wo oder wie.« Wer sich noch an der Weihnachtsfeier beteiligen möchte, möge sich unter 2154912 melden: »Wir fangen gerade erst an.« cor
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