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Wohnungshilfe für Asylsuchende dicht

■ Privater Wachdienst weist AsylbewerberInnen ab / Nur Neuankömmlinge werden vorgelassen

Bremer Sozialpolitik im KlartextFoto: Tristan Vankann

Erneut werden in Bremen Asylsuchende rechtswidrig behandelt. Im Eingang des Amtes für Soziale Dienste in der Langenstraße hängt seit Donnerstag ein Schild: „Office Closed — Büro geschlossen“, mit Filzschreiber auf gelbe Pappe gemalt. Von zwei privaten Wachmännern werden die meisten Asylsuchenden, die auf Zimmersuche zum Amt kommen, zurück auf die Straße geschickt. Nur gerade erst in Bremen angekommene Flüchtlinge werden zur Wohnungshilfe durchgelassen.

Montag 11.30 Uhr: Ein junger Schwarzafrikaner betritt den Eingang des Amtes für Soziale Dienste. Der ältere der beiden Wachleute stellt sich ihm wie allen an

deren BesucherInnen in den Weg. Aus dem halb geöffneten Kragen seiner Uniform-Lederjacke schaut der Schlagstock hervor. Freundlich, aber entschieden sagt der Wachmann: „No, Büro closed.“ Der Schwarze spricht kaum Englisch und versucht zu erklären. Der Wachmann gibt vor, nichts zu verstehen. Der Afrikaner wird schließlich abgewimmelt, weil er erstens seinen Paß vergessen hat und zweitens angeblich schon in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnt.

„Das ist rechtswidrig“, sagt die im Asylrecht erfahrene Rechtsanwältin Barbara Kopp. Erst kürzlich sei einem ihrer Mandanten der Eintritt verwehrt

worden, obwohl er keine Wohnung mehr hatte. Der Hausmeister der Gemeinschafts-Unterkunft hatte ihn zuvor vor die Türe gesetzt. Seinen gesetzlichen Anspruch auf Unterbringung konnte er also nicht durchsetzen, weil ihm die Behörden den Zutritt verweigerten.

Claus Gehlhaar von der Wohnungshilfe erklärt unterdessen, warum die meisten Asylsuchenden nicht mehr vorgelassen werden. „In Übergangswohnheimen und Hotels haben wir keine Betten mehr zur Verfügung. Wir sind nicht in der Lage, weitergehende Unterkünfte zu vermitteln.“ Die Asylsuchenden sollen deshalb mit den Gemeinschaftsunterkünften zufrieden sein, in die sie direkt nach ihrer Ankunft in Bremen eingewiesen worden sind. Um sich eventuelle Umzugs-Anträge vom Halse zu halten, hat die Wohnungshilfe ihre Pforten einstweilen geschlossen - und riskiert dadurch, daß Asylsuchende auf der Straße stehen.

Dieser Zustand soll, so versichert Gehlhaar, nur bis zum nächsten Öffnungstermin der Wohnungshilfe am Mittwoch dauern. Bis dahin will der Unterkunftsakquisiteur der Sozialbehörde Plätze in Wohnheimen freimachen, die bislang von AussiedlerInnen belegt waren. Auf diese Möglichkeit war innerhalb des Amtes für Soziale Dienst schon vor Wochen hingewiesen worden, ohne daß etwas passiert war.

Zu der Knappheit an Übernachtungsplätzen sei es gekommen, weil sich „die Zahlen der AsylbewerberInnen in der letzten Zeit hochgeschaukelt haben“, so Gehlhaar. Trotz der verfassungswidrigen Bremer Regelung, nur 300 Flüchtlinge pro Monat aufzunehmen, war die Zahl im November stark angestiegen.

Kurz nach dem abgewiesenen Schwarzafrikaner erscheint eine jugoslawische Flüchtlingsfamilie vor den Wachleuten: Sechs Kinder und drei Erwachsene. Weil die Familie schriftlich nachweisen kann, daß sie gestern erst in Bremen angekommen ist, wird ihnen der Eintritt gestattet. Womit aber nicht gesichert ist, daß sie auch untergebracht werden. Denn nach Informationen der taz wurden in den letzten Tagen einige Flüchtlinge wieder auf die Langenstraße hinausgeschickt, ohne daß sie ein Zimmer bekommen hatten. Andrea Frenzel-Heiduk, Sprecherin der Sozialsenatorin: „Das ist nicht richtig: Bisher wurde niemand abgewiesen. Am Montag wurden alle untergebracht, aber jetzt sind die Heime dicht.“ Hannes Koch

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