: Mighty Mann im Astoria
■ Erstes Konzert im Ex-Zentralbad mit Manfred Mann's Earthband und Lee Aaron
Zuerst das Wichtigste: Das Astoria ist nicht nur für die saturday night, sondern auch für Konzerte geeignet. Das Gefühl für den Raum war gut, man stand nicht zu gedrängt und konnte von den meisten Standorten aus die Band gut sehen und hören. Einige Besucher mäkelten zwar an der Akustik herum. Aber alle, die wirklich wegen der Musik gekommen waren, konnten sich ohne Schwierigkeiten ein paar Schritte weiter nach vorne stellen: Da klang es dann wirklich gut, ohne daß gleich die Ohren abfielen.
Die Stimmung war von Anfang an aufgeräumt, auch wenn die Vorgruppe der Heavy Metall Sängerin Lee Aaron etwa so zum Topact paßte wie Peter Maffay zu den Stones. Es war eine von den Bands, bei denen eine Haarlänge von mindestens einem halben Meter Aufnahmebedingung ist. Frau Aaron sang und sprang ziemlich wild auf der Bühne herum und streckte dabei dem Publikum keck das eine oder andere rundliche Körperteil entgegen. Die meisten Zuschauer waren wohl einfach viel zu verblüfft, um diese Musik richtig schlecht zu finden. Ein verwirrter Mittdreißiger direkt vor mir fragte zwar, was „um Gottes willen“ denn aus der (zuerst angekündigten) „Little River Band“ geworden wäre, aber dann war der lederstrotzende Spuk auch schon vorbei. Nach der Umbaupause bekamen alle, was sie erwartet hatten.
Manfred Mann ist alles andere als ein begnadeter Tastenvirtouse, und seine vereinzelten Soli auf dem Synthesizer klangen zwar schön „groovie“, aber doch recht altmodisch. So recht wohl fühlte sich der Bandleader denn auch offensichtlich nicht, als die Scheinwerfer mal für wenige Minuten auf ihn gerichtet waren.
Wenn aber die anderen Musiker, oder ganz besonders wenn die Songs und Arrangements ihre großen Auftritte hatten, dann hampelte Mann ausgelassen und sichtlich zufrieden hinter seinen Keyboards herum. Denn die Kompositionen, ihr Aufblühen in den genau passenden Sounds und eine sichere Hand in der Auswahl der Musiker sind die großen Stärken von Manfred Mann. Deshalb kann er über die Jahre die Besetzung der Earth Band fast vollständig auswechseln (nur der überragende Gitarrist Mick Rogers ist noch übriggeblieben), ohne seinen Sound zu verlieren.
Sänger Noel McCalla trug wohl noch Windeln, als „Mighty Quin“ in der Hitparade topte, und trotzdem war kein Bruch zwischen dem alten Popschlager und der neu arangierten Fassung, die als einer der Höhepunkte gleich nach dem mitreißenden „Blinded by the Light“ gespielt wurde. Auch die vielen Coverversionen von Bob Dylan-Songs bis Ry Cooders „Crazy about an Automobile“ klangen im „Mannsound“ frisch und originell. Manfred Mann zeigt, wie solides musikalisches Handwerk ohne modische Kompromisse und Showattitüden einen Musiker und seine Mucke jung und frisch erhält: mit mitreißender Spielfreude. Ein schöner Start mit „Mighty Mann“. Willy Taub
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