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Ein Vorwahl-Sieg ohne Folgen

US-Senator Harkin triumphiert in Iowa/ Welcher Kandidat beißt in New Hampshire auf Granit?  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Tom Harkin hat überzeugend gewonnen, doch keiner schaute hin. Mit 74 Prozent der abgegebenen Stimmen gewann der Senator aus Iowa in seinem Heimatstaat am Montag die ersten Parteiversammlungen des diesjährigen Präsidentschaftswahlkampfes, dürfte aber im Rennen um den Job im Weißen Haus keine weitere Rolle mehr spielen. Denn nicht im Bauernstaat von Iowa, sondern im Neuenglandstaat von New Hampshire wird am 18. Februar der erste Favorit gekürt. Zogen die Politiker in vergangenen Wahlkämpfen mit ihrem Troß immer Kühe küssend durch den Mittelwesten, um sich bei der dortigen ersten Vorabstimmung einen Namen zu machen, so haben die übrigen vier demokratischen Präsidentschaftsbewerber Lokalmatador Harkin diesmal das Feld kampflos überlassen. Auch George Bush brauchte sich keines Konkurrenten zu erwehren.

Dies wird in New Hampshire anders werden. Schon seit Wochen ziehen die Präsidentschaftsbewerber beider Parteien durch den „Granitstaat“ im eisekalten Nordosten der USA, um dort möglichst jedem der 600.000 Wähler die Hand zu schütteln. Bush wird sich am Mittwoch erneut in die idyllischen, aber durch Rezession geplagten Gemeinden begeben, um seinem rechts-konservativen Herausforderer Pat Buchanan bei den Republikern weitere Stimmenanteile abzunehmen. Die Bewohner des Ein-Millionen-Staates haben Bush allerdings bis heute nicht verziehen, daß er im letzten Jahr seinen letzten Wahlkampfschwur von 1988 gebrochen hat, keine Steuererhöhungen zuzulassen. Sollte Buchanan mehr als ein Viertel der republikanischen Wählerstimmen bekommen, wäre das eine schallende Ohrfeige für Bush.

Noch interessanter wird das Rennen in New Hampshire bei den Demokraten. Während hier weder Harkin noch Senator Kerrey aus Nebraska oder Jerry Brown aus Kalifornien bisher die magischen zehn Prozent übersprungen haben, liefern sich der Favorit Bill Clinton aus Arkansas und der Anti-Held Paul Tsongas aus Massachusetts ein Kopf-an-Kopf- Rennen.

Ob der rührige, aber uncharismatische Ex-Senator Tsongas aus dem Nachbarstaat oder der durch zahlreiche Anschuldigungen angeschlagene Ex-Gouverneur Clinton aus dem Südstaat Arkansas die Nase vorn haben wird, ist völlig offen. Seine außerehelichen Abenteuer schien man Clinton in New Hampshire ja noch verziehen zu haben. Aber nun soll er sich auch noch um den Kriegsdienst in Vietnam herumgedrückt haben: Clintons Popularität geht zurück. Und bisher ist in der jüngeren Geschichte der USA noch niemand zum Präsidenten gewählt worden, der nicht in New Hampshire die Gunst des Volkes gefunden hatte.

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