DDR-Volvos zu haben Honecker hatte den längsten

■ Sieben Dunkelblaue aus dem Fuhrpark der DDR-Obersten warten in Gifhorn

Für sein spektakulärstes Geschäft hat VW-Händler Bernhard Gades aus Brome (Kreis Gifhorn) die Automarke gewechselt. Sieben dunkelblaue Volvos aus dem Fuhrpark der ehemaligen DDR- Führungsspitze stehen leicht verstaubt noch bis Ende März in Lagerräumen des Kaufmanns, dann sollen sie versteigert werden. Prominentestes Stück der Kollektion ist ein Dienstwagen des früheren Staats- und Parteichefs Erich Honecker, Baujahr 1987. Zubehör: unter anderem eine Standarte mit Hammer und Zirkel samt dem zugehörigen Standartenträger. „Wenn Honecker nach Deutschland ausgewiesen wird, können wir ihn ja mit seinem Wagen aus Moskau abholen“, witzelt Gades gegenüber Journalisten, die ihn in dem kleinen Ort an der früheren DDR-Grenze besuchen.

Nur die Insignien der Staatsmacht und die Überlänge verraten, daß die schwedische Edel-Limousine einem besonderen Herrn gedient haben muß. Rund 5,60 Meter mißt der Volvo 760 GLE, 80 Zentimeter länger als die Serienversion. „Davon gibt es bestimmt noch ein oder zwei weitere“, ist Gades sicher. Die übrigen sechs Fahrzeuge, 60 Zentimeter kürzer als das Auto des Chefs, pendelten Gades zufolge mit Spitzenkadern der Partei zwischen dem Prominentenghetto Wandlitz und Ostberlin. Wer indes schwelgenden Luxus in den Dienstwagen von Honecker, Stoph, Mielke, Mittag oder Axen erwartet, ist enttäuscht. Auch gepanzert sind die Wagen nicht.

Der 54 Jahre alte Autohändler läßt keinen Zweifel, daß ihn nicht die Sammelleidenschaft trieb, als er im vorigen Sommer mit der Ostberliner „Global Auto GmbH im Aufbau“, laut Fahrzeugschein eine Nachfolgerin des „VEB Transport und Service im Dienstleistungskombinat beim Ministerrat der DDR“, gleich über die gesamte Flotte verhandelte. „Ich dachte: Das Zeug mußt du kaufen, das ist 'ne einmalige Kapitalverzinsung“, erzählt Gades.

„Als ich das erste Angebot bekam, habe ich noch gesagt: Laßt mich in Ruhe damit, mich interessiert das nicht.“ Dann habe er sich aber doch überreden lassen, nach Berlin zu fahren. „Ich erfuhr, daß die Firma von der Treuhand verwaltet war, da war mir klar, daß es um ein legales Geschäft ging.“ Warum die Ostberliner gerade ihm dieses verlockende Angebot machten? Der Kaufmann denkt, daß ihm Autogeschäfte in Sachsen-Anhalt, mit denen er schon vor der Währungsunion begann, eine gewisse Prominenz im ostdeutschen Fahrzeughandel eingetragen haben.

Neugierigen Journalisten, die Details über die Volvos erfahren wollen, gibt Gades drei Blätter mit dürren Informationen, die ihm zusammen mit den Autos ausgehändigt wurden. „Mehr weiß ich auch nicht, nicht mal, ob da noch Wanzen drin sind. Wenn Sie nach Fahrtenbüchern oder Karteien über Wartung und Reparaturen fragen, ernten Sie nur ein Achselzucken“, sagt der Autohändler.

Wer die ausgefallenen Souvenirs aus der DDR-Konkursmasse erstehen will, wird denn auch tief ins Portemonnaie langen müssen. Wieviel Gades für die Gebrauchtwagen bezahlt hat, ist Geschäftsgeheimnis, doch der Händler deutet an, daß beispielsweise der Honecker-Volvo mindestens 60.000 Mark einbringen soll. Vor fünf Jahren, schätzt Gades, dürfte er 250.000 Mark gekostet haben. „Der Wagen wurde in Schweden gekauft, in Belgien verlängert und dann via Schweden nach Berlin geliefert.“ Auch nach 45.000 und 100.000 Kilometern seien die Wagen neuer als neu: „Die haben die Wagen praktisch totgewartet.“ Nach Gades' Informationen erfolgten Betankung, Pflege und Wartung in einem hermetisch abgeriegelten Werkstatt- und Garagengelände, auf dem auch die Fahrer gewohnt hätten.

Die Versteigerung der Nobelkarossen soll Ende März der Werbeclou zur Eröffnung eines neuen Autohauses in Brome sein. Dafür suche er „nur noch einen verrückten Auktionator, der die Werbetrommel rührt“, meint Gades, der einen Teil des Erlöses vor laufender ZDF-Kamera für die Aktion Sorgenkind spenden möchte.

Thomas Kaufner / dpa