: Ohne Magic keine Magie
■ Die ruhmreichen Los Angeles Lakers sind nach dem Ausstieg von Magic Johnson nur noch Durchschnitt
Los Angeles (dpa/taz) — Die Szene war typisch für den Niedergang der Los Angeles Lakers. New Yorks Center Patrick Ewing dribbelte ungestört durch die Mitte und bestrafte die verdutzten Lakers-Spieler mit einem krachenden Dunk, während Lakers-Spielmacher Sedale Threatt am Boden lag. Jahrelang das Showteam der amerikanischen Basketball-Profiliga NBA, im Vorjahr sogar noch im Finale, ist der Klub ohne den wegen seiner HIV-Infektion zurückgetretenen Superstar Magic Johnson nur eine bemitleidenswerte Durchschnittsmannschaft. Während Michael Jordans Chicago Bulls, die die Lakers im Juni in einer packenden Finalserie bezwungen hatten, unbeirrt den Weg zur Titelverteidigung beschritten haben, ist für Los Angeles nach neun Niederlagen in den vergangenen elf Spielen sogar die Teilnahme an den Playoffs ungewiß.
Chicago führt in der Central Division klar vor der Überraschungsmannschaft der Saison, den Cleveland Cavaliers, und ist mit 45 Siegen und nur zehn Niederlagen das weitaus beste Team der NBA. Die rauhbeinigen Detroit Pistons, Erzrivalen der Bulls, belegen derzeit nur den dritten Platz. Auch bei den New York Knicks scheint sich der Erfolg einzustellen, dem sie seit der Verpflichtung des hünenhaften Pat Ewing vor einigen Jahren hinterherliefen. Sie führen in der Atlantic Division vor den Boston Celtics.
In Los Angeles bleibt der Sitz von Jack Nicholson in der ersten Reihe immer öfters unbesetzt. Das Forum im Stadtteil Inglewood, früher ein Ort des Schreckens für die meisten Teams, ist längst zu einer gern besuchten Arena geworden. Bereits zehn Spiele haben die Lakers in diesem Jahr zu Hause verloren. Jeder Sieg ist hart erkämpft und nicht mehr — wie in der Vergangenheit — jene unterkühlte, unterhaltsame und bisweilen sogar arrogante Demonstration der eigenen Stärke, die so perfekt zum Charakter der Showstadt paßte. Seit dem Rücktritt von Johnson, der in den 80er Jahren für vier NBA- Titel in großem Maße mitverantwortlich zeichnete, gibt es keine Künstler mehr. Die Stützen James Worthy, Byron Scott, Sam Perkins, Threatt und A. C. Green sind verläßliche Arbeiter, aber zu leicht auszurechnen.
In der Pacific Division, die sie mehr als ein Jahrzehnt lang unangefochten beherrschten, liegen die Lakers derzeit hinter den Golden State Warriors, Portland, Phoenix und Seattle nur auf einem schmählichen fünften Rang. Niederlagen mit bis zu 30 Punkten Unterschied sind keine Seltenheit mehr. „Ohne Magic fehlt uns die Flexibilität“, sagte Coach Mike Dunleavy, „wir müssen uns jetzt auf das Spiel der Gegner einstellen. Früher war es genau umgekehrt.“ Guter Rat ist teuer, ein guter Spieler auch.
Die Gehaltsbeschränkungen der NBA erlauben zwar „nur“ 12,5 Millionen Dollar pro Team, aber durch das Ausscheiden von Johnson hätten die Lakers ein paar Millionen übrig. Das Problem: Die meisten NBA- Stars sind durch langfristige Verträge gebunden. Nur Charles Barkley wäre zu haben, denn die Philadelphia 76ers möchten ihren 113 Kilo schweren Star wegen seiner zahlreichen Eskapaden gern loswerden. In seiner Autobiographie Outrageous beleidigte Barkley seine Mitspieler aufs heftigste, den Präsidenten der 76ers bezichtigte er zu Saisonbeginn des Rassismus, weil er das Team ein paar „Alibi-Weiße“ mitschleppen lasse, und erst kürzlich war er wieder in eine Kneipenschlägerei verwickelt. Auch auf dem Spielfeld kassiert er oft Strafen für seine Disziplinlosigkeit. Spektakulärste Aktion war die Schlägerei mit Detroits Rüpel vom Dienst Bill Laimbeer. „Ich verpaßte ihm mindestens zwei Fausthiebe“, freut sich Barkley in seinem Buch, „sie brummten mir 20.000 Dollar Strafe auf. Die Sache war jeden Cent wert.“
An ihn trauen sich die Lakers nicht so recht heran. Einen Tausch Barkleys gegen James Worthy ließen sie im letzten Moment platzen. Ein Comeback von Magic Johnson, der vor zwei Wochen im All-Star-Match einen brillanten Auftritt hatte, würde das Problem zumindest kurzfristig lösen. Aber damit rechnet niemand.
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