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Ein „Nein“ zur ewigen Verdammung

■ Das Referendum beherrscht schon seit Wochen auch das Anzeigengeschäft in den Medien

„Laßt uns daran denken, daß Herr Nelson Mandela und der ANC keine Christen sind... Zweifellos wäre eine Ja-Stimme eine Stimme gegen Gott und in die Richtung des Antichristen. Das würde zu ewiger Verdammung führen.“ Die „Christliche Liga des südlichen Afrikas“ hat sich die Zeitungsanzeige am Montag eine Stange Geld kosten lassen und dann auch die schwersten Geschütze aufgefahren. Verdammung, Kommunismus, Bibelzitate. Südafrikas weiße Wähler werden in den letzten Wochen von einer Werbekampagne bombardiert, wie sie dieses Land noch nie gesehen hat.

Bisher überwogen dabei die ganzseitigen Anzeigen für das „Ja“, zum großen Teil finanziert von der Wirtschaft. Aber jetzt, in den letzten Stunden, wirft auch die „Nein“-Kampagne die Millionen in den Werbekampf. Die Supermärkte sind ganz aus den Zeitungen verdrängt. Da wird die rote Fahne, komplett mit Hammer und Sichel, von finsteren Soldaten gehißt: Das wird die neue Staatsflagge, heißt es da.

Auch Privatleute lassen sich ihre politische Meinung etwas kosten. „In meinem Haus wurde eingebrochen, mein Nachbar wurde ermordet, in meinem Büro wurde eingebrochen, mein Auto wurde geknackt. Ist das das neue Südafrika? Stoppt den Zerfall jetzt. Stimmt mit Nein.“ Das meint D. J. Burgess, ein „ganz gewöhnlicher, besorgter Bürger“, in der Wirtschaftszeitung 'Business Day‘. Und Oberst Jan Breytenbach, einer der am meisten gefürchteten Soldaten Südafrikas, Leiter der berüchtigten Sondereinheiten, läßt aus seinem Ruhestandssitz an der Küste im Militärstil an Veteranen des Buschkampfes in Angola verlauten: „Beginn der Mitteilung: Als christlicher Offizier war es mir eine Ehre, viele von Euch im Kampf zur Überwindung der kommunistischen Mächte zu führen... Eine Nein- Stimme ist eine Stimme gegen den Antichrist, der alle Hoffnung zerstören will. Stimmt mit Nein! Gott segne und erhalte dieses christliche Land Südafrika. Ende der Mitteilung.“

Aber auch in den letzten Tagen überwiegen, wie schon seit Beginn der Kampagne, die Anzeigen der „Ja“-Befürworter. Im Johannesburger 'Star‘, der größten Tageszeitung des Landes, sind am Montag von dreißig Seiten fast die Hälfte von „Ja“-Anzeigen belegt. Dazu kommen die redaktionellen Seiten, die keinen Zweifel an der Unterstützung der Zeitung für ein „Ja“ lassen. „Nein“-Aufrufe läßt diese Zeitung gar nicht zu.

Für ein „Ja“ werben auch multinationale Konzerne, so der Computerriese ICL, mit der Aussage: „Ich sehe die Zukunft. Sie funktioniert. ICL. Wir sollten miteinander sprechen.“

Auch im Fernsehen ist das „redaktionelle Umfeld“ eindeutig für die „Ja“-Kampagne der Regierung genützt worden. „Wenn das Nein gewinnen sollte“, meinte ein Beobachter, „würde das endgültig die Behauptung widerlegen, daß die Medien einen entscheidenden Einfluß auf die Bevölkerung haben.“

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