INTERVIEW: „Die Ultrarechte wird sich spalten“
■ Steven Friedman ist Politikwissenschaftler an der Witwatersrand Universität in Johannesburg
taz: Welche Auswirkungen wird der Sieg auf de Klerks Position in den Verhandlungen des „Konvents für ein Demokratisches Südafrika“ (Codesa) haben?
Friedman: Möglicherweise ist sein persönliches Ansehen dadurch gestiegen. Aber die unmittelbarste Folge wird sein, daß de Klerk und seine Nationale Partei (NP) nicht mehr behaupten können, daß sie Gefahr laufen, abgewählt zu werden. Das wird seine Verhandlungspartner im Codesa-Prozeß ermutigen, für einen viel weitreichenderen Übergang zur Demokratie Druck auszuüben.
Von den Codesa-Teilnehmern ist immerhin die NP die einzige politische Kraft, die ein deutliches Mandat erhalten hat; das müßte doch ihre Position stärken...
Das mag stimmen. Aber man muß dazu sagen, daß andere Teilnehmer wiederholt eine nichtrassistische Abstimmung gefordert haben, um sich ein Mandat einzuholen. Im übrigen wäre es etwas kurzsichtig, zu behaupten, de Klerk sei der einzige Codesa-Teilnehmer, der Unterstützung in der Bevölkerung genießt.
Was bedeutet das Ergebnis für die Verhandlungsposition des ANC?
Zweifellos wird er stärkeren Druck ausüben. Außerdem war sich der ANC schon vor dem Referendum bewußt, daß er Kompromisse eingehen müßte, um mit der weißen Wählerschaft zusammenarbeiten zu können. Aber jetzt wird der ANC wohl sagen: Das letzte Hindernis ist aus dem Weg geräumt, laßt uns so schnell wie möglich eine Interimsregierung bilden.
Wie werden die Ultrarechten der CP reagieren?
Eine Spaltung ist nicht mehr zu vermeiden, eine Gruppe wird sich Codesa anschließen. Aber das ist viel weniger wichtig als die Tatsache, daß eine CP-Gruppe dem Verhandlungsprozeß fernbleiben wird. Natürlich bleibt da die Gefahr der ultrarechten Gewalt. Ich glaube, es gibt kein politisches Szenario, das ultrarechte Gewalt verhindern könnte. Aber der Gedanke, die Mehrheit der CP-Wähler könnte einen Kreuzzug starten, um den Staat zu stürzen, ist eher unwahrscheinlich. Es könnte zu Protesten kommen, einen Generalstreik weißer Arbeiter geben. Das wird aber Codesa nicht gefährden.
Es hat in schwarzen Wohngebieten in den letzten Wochen schwere Gewaltausbrüche gegeben, die auch am Referendums-Tag nicht nachgelassen haben. Könnte das Ergebnis diese Entwicklungen beeinflussen?
Es gibt Anhaltspunkte, daß ein Teil der Gewalt von ultrarechten Gruppierungen angefacht wurde, um weißen Wählern Angst einzujagen. Wenn das stimmt, dann ist ein Nachlassen der Gewalt zu erwarten. Aber ich glaube nicht, daß diese Gewalt aufhört, bevor eine Interimsregierung etabliert ist. Interview: Hans Brandt
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