: Vorwärts zum zweiten Referendum?
Südafrikas Präsident de Klerk schließt eine zweite rein weiße Abstimmung nicht aus, falls er seine Verfassungsvorschläge in den „Codesa“-Verhandlungen mit dem ANC nicht durchsetzt ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
„Dies muß das absolut letzte Mal sein, daß Südafrika die Demütigung eines rassistischen oder ethnischen Referendums erleiden muß.“ Nur aus taktischen Gründen hatte der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) die rein weiße Abstimmung am Dienstag toleriert. Das will er nicht noch einmal machen. Aber war das wirklich das letzte Mal, daß die Weißen sich ein Veto über die Zukunft des Landes leisteten?
Nicht unbedingt. Präsident de Klerk will eine weitere exklusiv weiße Abstimmung nicht ausschließen. „Wenn wir in wichtigen Grundsätzen die Versprechen nicht einhalten können, auf deren Grundlage wir diesen Erdrutschsieg erzielt haben, dann muß ich mich an meine Zusicherung halten, noch einmal auf die eine oder andere Weise die Wähler zu befragen“, sagte der Präsident. Das halte er jedoch für unwahrscheinlich, fügte er hinzu.
Zwar hat das eindeutige Ja de Klerks Position in den Verhandlungen insofern geschwächt, als er nicht mehr mit der Möglichkeit drohen kann, von den Weißen abgewählt zu werden. Statt dessen will er jetzt aber das „Referendums-Mandat“ der Weißen nutzen, um dem ANC in Verhandlungen Zugeständnisse an die Weißen abzuringen.
„Wir haben ein spezifisches Mandat gefordert“, sagte er nach seinem Sieg am Mittwoch abend. „Wenn wir dieses Mandat, das ich jetzt habe, erfüllen, wird es keine Notwendigkeit (einer weißen Abstimmung — d. Red.) mehr geben.“ Welches Mandat er meinte, hatte er kurz zuvor gesagt: „Die Jastimme war keine Stimme für eine Partei. Das war eine Jastimme für Südafrika, für eine Philosophie.“ Diese Philosophie hatte er wiederum zwei Sätze vorher beschrieben als „wirkliche Versöhnung, langfristige Stabilität und Frieden und Fortschritt für alle“. Aber in seinen Ansprachen koppelte der Präsident das Ja auch an die Verfassungsvorschläge seiner Nationalen Partei (NP). Und die enthalten „Prinzipien“ wie den „Schutz von Sprach- und Kulturrechten“, die „größtmögliche Dezentralisierung der Macht“ — also Dinge, die sonst unter „Minderheitenschutz“ zusammengefaßt werden. De Klerk interpretiert das überwältigende Ja also als ein Mandat der Weißen, diese „Prinzipien“ in eine neue Verfassung einzubringen.
Diese Interpretation des Referendum-Resultats wird weder der ANC noch die liberale Demokratische Partei (DP) akzeptieren, die in der Ja-Kampagne erstmals mit den langjährigen politischen Gegnern der NP zusammenarbeitete. „Ab heute ist es die Aufgabe südafrikanischer Führer, auf der Grundlage voller Beteiligung aller Südafrikaner zu arbeiten“, sagte DP-Führer Zac de Beer am Mittwoch. „Von nun an sollte die Politik eine vollkommen nichtrassistische Angelegenheit sein.“ Auch ANC-Präsident Nelson Mandela hofft, daß die NP sich nicht mehr nur als Vertreterin der Weißen versteht. „Ich hoffe, daß sie jetzt als Führer der gesamten südafrikanischen Bevölkerung auftreten wird.“
Diese Hoffnung wird sich wohl nicht bestätigen. Das gilt wohl auch für den Wunsch des ANC, die Mehrparteiengespräche im „Konvent für ein demokratisches Südafrika“ (Codesa) jetzt zu beschleunigen. Nach dem Referendum sollten die Verhandlungspartner bei Codesa „mit angemessenem Tempo den Verhandlungsprozeß zur Einsetzung einer Übergangsregierung“ vorantreiben, sagte der ANC am Mittwoch. Immerhin, so Mandela, habe die überwältigende Zustimmung der Weißen zum Reformprozeß „alle Dilemmas, unter denen die NP arbeiten mußte“, entfernt. So wird sich jetzt der Streit um die Bedeutung des Referendums für den Verhandlungsprozeß verschärfen.
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