: Stiller Protest in Belgrad
■ Menschenkette gegen serbische Vertreibungspolitik
Belgrad (AP/taz) — Sie trugen gelbe Armbinden, um an die Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus zu erinnern. Tausende von DemonstrantInnen bildeten am Mittwoch abend eine Menschenkette um das Parlamentsgebäude in Belgrad. Ihr Protest richtete sich gegen die zunehmende Vertreibung von Nichtserben aus der serbischen Provinz Wojwodina, in der viele Ungarn und Kroaten leben. Es bestehe die Gefahr, so die Sprecher, daß den Nichtserben im heutigen Serbien das gleiche Schicksal drohe wie den Juden im nationalsozialistischen Deutschland.
„Wir sind hierher gekommen, um die serbische Ehre zu verteidigen“, sagte eine Demonstrantin, nachdem zum Abschluß der AKtion alle gelben Armbinden an einem Fahnenmast gehißt wurden.
Konkreter Anlaß des Protestes waren jüngste Vorfälle in der Wojwodina. Bei einer von serbischen Nationalisten organisierten ethnischen „Säuberungsaktion“ waren Kroaten und Ungarn massiv bedroht und aus ihren Heimatdörfern vertrieben worden. Besonders hart gingen die Fanatiker dabei im Dorf Hrtkovci, rund 50 Kilometer nördlich von Belgrad, vor. Dort soll in den letzten Tagen rund die Hälfte der nichtserbischen Einwohner vertrieben worden sein. Insgesamt wohnen in der Wojwodina 120.000 Menschen kroatischer und 350.000 ungarischer Abstammung.
Die 300.000 Einwohner der nordwest-bosnischen Stadt Bihac erwartet ein ähnliches Schicksal. Wie die kroatische Tageszeitung Novi Vjesnik gestern berichtete, haben serbische Kampfeinheiten die Menschen aufgefordert, die Region ab sofort zu räumen. Man wolle dort eine rein serbische Zone einrichten, ein neues Machtzentrum einrichten, das dann später dem von Serben bewohnten Gebiet Krajina in Kroatien angegliedert werden könnte. BZ
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen